Deutscher Suchtkongress
Bd. 1 Nr. 1 (2023): Deutscher Suchtkongress
https://doi.org/10.18416/DSK.2023.999
Internet- und Computerspielsucht nur ein Problem des Kindes- und Jugendalters? - Charakteristik und Behandlung der Internetsucht in der Generation Y
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Abstract
Hintergrund und Fragestellung
In der täglichen klinischen Praxis einer Spezialambulanz für Verhaltenssüchte an der Universitätsmedizin Mainz nimmt nach Anerkennung der Internet- und Computerspielsucht in DSM-5 und ICD-11 der Anteil derjenigen Hilfesuchenden deutlich zu, die aktuell älter als 30 Jahre sind. Patientinnen und Patienten in dieser Altersgruppe sind bereits mit Gameboy, PC und Smartphone aufgewachsen und nutzen als ‚digtial natives‘ Internetapplikationen, Medien und Computerspielspiele intuitiv und intensiv oft über Jahre hinweg. Der vorliegende Beitrag untersucht spezifische Nutzungsmuster dieser Altersgruppe anhand eines konsekutiven klinischen Stichprobe von N=1090 inanspruchnehmenden Patientinnen und Patienten
Methoden
Im Rahmen der Erstvorstellungen an der Ambulanz für Spielsucht erfolgte durch die zuständigen Therapeutinnen und Therapeuten zunächst eine offene Exploration des Vorstellungsanlasses und der Präsentiersymptomatik, der sich ein halbstandardisiertes klinisches Interview zur Diagnostik der Internetnutzungsstörungen (AICA-SKI:IBS, Müller und Wölfling, 2022) anschloss. Empirische Informationen zur spezifischen Nutzungsart, zum Onset, Verlauf und den erlebten psychosozialen und psychopathologischen Beeinträchtigungen, inklusive etwaiger Komorbiditäten wurden psychometrisch und klinisch erhoben und standardisiert protokolliert und ausgewertet.
Ergebnisse
Die Analyse zeigt, dass in der Altersgruppe der über 30-jährigen im Vergleich zur Gruppe der Kinder- und Jugendlichen und der Gruppe der jungen Erwachsenen vermehrt Computerspiele mit monetärem Einsatz oder reine Onlineglücksspiele und Onlinepornographieangebote suchtartig genutzt werden. Wie zu erwarten, weisen Patientinnen und Patienten mit einer Internetnutzungsstörung dieser Altersgruppe eine längere subjektiv erlebte Krankheitsgeschichte, ein höheres Ausmaß an psychischen und sozialen Beeinträchtigungen, eine höhere Komorbiditätenrate und längere Arbeitsunfähigkeitszeiten auf. Ein Spezialfall dieser Altersgruppe sind Patientinnen und Patienten mit Doppeldiagnosen, also mit gleichzeitig auftretende Internetnutzungs- und Glücksspielstörung. In dieser Gruppe tritt eine höhere Anzahl weiterer psychischer Störungen auf.
Diskussion und Schlussfolgerung
Die Nutzungsmuster der von Inanspruchnehmenden, die älter als 30 Jahre sind, weisen auf eine stärkere psycho-soziale Beeinträchtigung, eine höhere Tendenz für dysfunktionale Geldausgaben bei der Nutzung und eine höhere Komorditätenrate hin. Therapeutisch sollten die längere Lerngeschichte des Störungsverhaltens und die Tendenz zu risikoreichen finanziellen Aufwendungen besondere Beachtung finden.
Offenlegung von Interessenskonflikten sowie Förderungen
Ich und die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, die die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten.
Erklärung zur Finanzierung: Behandlungserlöse GKV, PKV und DRV