Deutscher Suchtkongress
Bd. 1 Nr. 1 (2023): Deutscher Suchtkongress
https://doi.org/10.18416/DSK.2023.913

Neue Wege in der praxis-orientierten Suchtforschung (S15)

Naloxon-Programme zur Verhinderung von Opioid-Überdosierungen innerhalb und außerhalb des Strafvollzugs. Eine vergleichende Studie zwischen Deutschland, Kirgisistan und China

Hauptsächlicher Artikelinhalt

Ulla Pape (Frankfurt University of Applied Science, Frankfurt am Main), Zhyldyz Bakirova (Republican Center for Psychiatry and Narcology, Bischkek, Kirgisistan), Tychntyk Estebes Uulu (Bishkek State University, Bischkek, Kirgisistan), Simon Fleißner (Frankfurt University of Applied Science, Frankfurt am Main), Hang Su (Shanghai Mental Health Center, Shanghai, China), Heino Stöver (Frankfurt University of Applied Science, Frankfurt am Main)

Abstract

Hintergrund und Fragestellung
Naloxon wird weltweit in Drogennotfällen eingesetzt, um eine durch Opioid-Überdosierung verursachte Atemdepression zu verhindern. Naloxon-Programme sind damit ein wichtiger Baustein in der Ersten Hilfe im Drogenhotfall. Der Wirkstoff Naloxon wurde Anfang der 1960er Jahre entdeckt und patentiert. 1983 nahm die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Naloxon in ihre Liste der unentbehrlichen Arzneimittel auf. 2017 wurde von der Europäischen Kommission ein Nasenspray zur Verfügung gestellt (EBDD, 2016). In vielen Ländern werden Naloxon-Programme innerhalb und außerhalb des Gefängnissystems durchgeführt. Es gibt jedoch zahlreiche Herausforderungen in der Verstetigung und Ausweitung von Naloxon-Programmen, insbesondere in Bezug auf Schulung und Distribution.


Methoden
Die vergleichende Fallstudie basiert auf einem systematischen Literaturbericht zu Naloxon-Programmen in Deutschland, Kirgisistan und China. Die Analyse erfolgt in drei Schritten. Zunächst werden wichtige Hintergrundinformationen zu Naloxon und Naloxon-Programmen in Gefängnissen vorgestellt. Im Anschluss werden die Erfahrungen des Naloxon-Pilotprogramms für Ex-Häftlinge in Deutschland, dem sogenannten „Take-Home-Naloxon“-Programm, vorgestellt. Danach wird die Debatte um die Verteilung von Naloxon und die Prävention von Überdosierungen in Kirgisistan und China erörtert. Der Vortrag schließt mit einer Diskussion über die Entwicklungsmöglichkeiten von Naloxon-Programmen im Gefängnissystem in Zentralasien und China.


Ergebnisse
Der Fallvergleich zeigt, dass die Umsetzung von Naloxon-Programmen kein einfacher Prozess ist. Trotz der Erkenntnis, dass Naloxon eine wirksame Behandlung bei Drogennotfällen ist, kommt das Medikament bei weiten nicht bei allen Fällen von Überdosierung zur Anwendung. Der Hauptgrund dafür ist, dass die Zielgruppen keinen Zugang zu diesem Medikament haben.


Diskussion und Schlussfolgerung
Neben rechtlichen und finanziellen Hindernissen scheitert die Einführung von Naloxon-Programmen in Gefängnissen häufig an der mangelnden organisatorischen Vorbereitung. Für eine allgemeine Ausweitung müssen die Gefängnisverwaltungen interne Verfahren einführen und Schulungen anbieten. Vor allem aber muss bei den Entscheidungsträgern ein allgemeines Bewusstsein dafür geschaffen werden, dass Naloxon-Programme ein wichtiges Element der Schadensminimierung darstellen.


Offenlegung von Interessenskonflikten sowie Förderungen
Ich und die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, die die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten.


Erklärung zur Finanzierung: DAAD

Artikel-Details

Zitationsvorschlag

Pape, U., Bakirova, Z., Estebes Uulu, T., Fleißner, S., Su, H., & Stöver, H. (2023). Naloxon-Programme zur Verhinderung von Opioid-Überdosierungen innerhalb und außerhalb des Strafvollzugs. Eine vergleichende Studie zwischen Deutschland, Kirgisistan und China. Deutscher Suchtkongress, 1(1). https://doi.org/10.18416/DSK.2023.913