Deutscher Suchtkongress
Bd. 1 Nr. 1 (2023): Deutscher Suchtkongress
https://doi.org/10.18416/DSK.2023.899

Problematische Pornographienutzung: Befunde zu zentralen psychologischen Mechanismen der Störungsentwicklung und ein Therapieprogramm zur Behandlung (S11)

Sexuelle Motivation und Annährungs- und Vermeidungstendenzen im Kontext der problematischen Pornographienutzung – Vorläufige Ergebnisse einer experimentellen Studie

Hauptsächlicher Artikelinhalt

Kjell Büsche (Universität Duisburg-Essen, Duisburg), Kseniya Krikova (Universität Siegen, Siegen), Lukas Mallon (Ruhr-Universität Bochum, Bochum), Matthias Brand (Universität Duisburg-Essen, Duisburg), Stephanie Antons (Universität Duisburg-Essen, Duisburg)

Abstract

Hintergrund und Fragestellung
Die generelle sexuelle Motivation wurde bereits als wichtiger Faktor bei der problematischen Pornographienutzung (PPN) identifiziert. Ebenso werden Annäherungs-/Vermeidungstendenzen als kognitive Mechanismen einer PPN diskutiert. Befunde aus der Forschung zu stoffgebundenen Süchten, wie z.B. Alkoholabhängigkeit, weisen darauf hin, dass süchtiges Verhalten sowohl mit Annährungs-, als auch mit Vermeidungstendenzen assoziiert sein kann. Entsprechende kurvilineare Zusammenhänge zwischen Annäherungs-/Vermeidungstendenzen und Symptomen einer PPN wurden bereits in Analogstichproben berichtet. Ziel der vorgestellten Studie ist es, Annäherungs-/Vermeidungstendenzen in Kombination mit sexueller Motivation bei Personen mit klinisch relevanter PPN zu untersuchen.


Methoden
Die vorläufige Auswertung beinhaltet Daten von bisher 26 männlichen, heterosexuellen Probanden mit PPN und 26 alters- und geschlechtsgematchten Kontrollprobanden. Die Gruppenzuteilung erfolgte auf Grundlage eines umfangreichen klinischen Interviews. Mit allen Probanden wurde eine Approach-Avoidance-Task (AAT) mit distalen (nicht-expliziten) pornographischen Stimuli sowie neutralen Kontrollbildern durchgeführt. Zusätzlich wurden Fragebögen zu Symptomatik und potentiell suchtrelevanten Eigenschaften wie generelle sexuelle Motivation ausgefüllt.


Ergebnisse
Personen mit PPN zeigten im Vergleich zu den Kontrollprobanden eine höhere generelle sexuelle Motivation. Keine signifikanten Gruppenunterschiede wurden in Bezug auf die Annährungs-/Vermeidungstendenzen gefunden. Bei der Betrachtung der kurvilinearen Regressionsanalysen zeigt sich ein signifikanter umgekehrt-U-förmiger Zusammenhang zwischen Symptomen einer PPN und Annährungs-/Vermeidungstendenzen. Personen mit mittlerer Ausprägung einer PPN zeigen eine stärkere Annährungstendenz im Vergleich zu Personen mit geringerer und höherer Symptomatik.


Diskussion und Schlussfolgerung
Die wichtige Rolle motivationaler Faktoren, insbesondere der generellen sexuellen Motivation, für die Symptomatik einer PPN konnte bestätigt werden. Die Zusammenhänge mit impliziten Annäherungs-/Vermeidungstendenzen scheinen komplex zu sein. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die zu Beginn der Störungsentwicklung starken Annäherungstendenzen mit zunehmenden negativen Konsequenzen durch das Verhalten geringer werden. Aufgrund der noch relativ geringen Gruppengrößen sind diese vorläufigen Ergebnisse mit Vorsicht zu interpretieren, gerade bezüglich der Gruppenvergleiche. Basierend auf Theorien aus der Suchtforschung werden die Ergebnisse im Hinblick auf zwanghafte Verhaltenstendenzen in späteren Phasen der Störungsentwicklung diskutiert.


Offenlegung von Interessenskonflikten sowie Förderungen
Ich und die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, die die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten.


Erklärung zur Finanzierung: DFG (FOR2974, Projekt-Nr.: 411232260)

Artikel-Details

Zitationsvorschlag

Büsche, K., Krikova, K., Mallon, L., Brand, M. ., & Antons, S. (2023). Sexuelle Motivation und Annährungs- und Vermeidungstendenzen im Kontext der problematischen Pornographienutzung – Vorläufige Ergebnisse einer experimentellen Studie . Deutscher Suchtkongress, 1(1). https://doi.org/10.18416/DSK.2023.899