Deutscher Suchtkongress
Bd. 2 Nr. 1 (2025): Deutscher Suchtkongress
https://doi.org/10.18416/DSK.2025.2450

Praxis-Symposium: Recovery in Deutschland (S42), ID 2450

Brauchen wir das? Recovery aus Sicht des Suchtmediziners

Hauptsächlicher Artikelinhalt

Ulrich Zimmermann (Klinik für Suchtmedizin und Psychotherapie, kbo Isar-Amper-Klinikum Region München)

Abstract

Hintergrund und Fragestellung
Recovery ist ein Konzept, das suchtkranken Menschen ein positives Selbstbild zurückgibt, indem es den Aufmerksamkeitsfokus weg von krankheitsbezogenen Defiziten hin zu zukunftsorientierten Ressourcen lenkt.

Methoden
Einer der vielen Aspekte von Recovery besteht darin, die Interessen und Anliegen Betroffener in die Öffentlichkeit zu kommunizieren, um Stigmatisierung entgegenzuwirken. Ähnlich wie bei den großen gesellschaftspolitischen Kontroversen der letzten Jahre lässt sich jedoch auch in Bezug auf die Stigmatisierung von Sucht feststellen, dass überprüfbare Fakten und inhaltliche Argumente nicht nur überraschend wenig Beachtung finden, sondern oft auf emotional gefärbte offene Ablehnung stoßen. Ein ähnliches Phänomen kennen Suchttherapeuten als typischen „Widerstand“ suchtkranker Menschen der dann auftritt, wenn diese ungefragt aufgefordert werden, ihr Konsumverhalten zu ändern. Widerstand stellt ein Therapiehemmnis dar, tritt jedoch weit weniger auf, wenn Suchttherapie gemäß der Methode der „motivierenden Gesprächsführung“ durchgeführt wird. Übertragen auf den gesellschaftlichen „Widerstand“ gegen eine konstruktive Auseinandersetzung mit dem Thema Sucht bietet sich als Lösungsansatz demnach an, die Prinzipien motivierender Gesprächsführung auch im öffentlichen Diskurs über die Stigmatisierung von Suchterkrankungen anzuwenden. Neben dem nicht-konfrontativen Umgang mit Widerstand zählen hierzu ein verständnisvoller, wertschätzender Umgang mit der Gruppe stigmatisierender Mitbürger, die Entwicklung von Diskrepanzen zwischen öffentlicher Meinung und eigentlichen gesellschaftlichen Zielen sowie die Stärkung von Änderungszuversicht.
Hilfreich wäre eine Institution die dabei die "Therapeutenrolle" übernehmen könnte, indem sie durch motivierende Gesprächsführung zur Entstigmatisierung von Sucht beiträgt – ähnlich wie bestehende Interessensvertretungen bei anderen psychischen Erkrankungen, die gemeinsam mit Ärzten, Therapeuten und Angehörigen in der Öffentlichkeit wirken. Beispiele sind das Bündnis gegen Depressionen und die Aktion psychisch Kranke. Vergleichbare, Recovery-orientierte Initiativen von Menschen die eine Suchterkrankung überwunden haben existieren bislang nur in Ansätzen.

Ergebnisse
Denkbare Beispiele solch motivierender Gesprächsführung im öffentlichen Diskurs werden näher erläutert.

Diskussion und Schlussfolgerung
Eine von Menschen in Recovery getragene Interessensvertretung bietet zusammen mit professioneller therapeutischer Expertise das Potential, die gesellschaftliche Stigmatisierung von Suchterkrankungen wirksamer zu reduzieren als dies bislang gelang.

Interessenskonflikte sowie Erklärung zur Finanzierung
Ich erkläre, dass während der letzten drei Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, die die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten.

Artikel-Details

Zitationsvorschlag

Zimmermann, U. (2025). Brauchen wir das? Recovery aus Sicht des Suchtmediziners. Deutscher Suchtkongress, 2(1), 2450. https://doi.org/10.18416/DSK.2025.2450