Deutscher Suchtkongress
Bd. 2 Nr. 1 (2025): Deutscher Suchtkongress
https://doi.org/10.18416/DSK.2025.2340

Gefahr erkannt, Gefahr gebannt? Opioide im Routine-Monitoring und Warnsystemen (S16), ID 2340

Tilidin, Oxycodon, Heroin, Nitazene und co. – NEWS zu synthetischen Opioiden

Hauptsächlicher Artikelinhalt

Esther Neumeier (IFT Institut für Therapieforschung, Mental Health and Addiction Research), Franziska Schneider (IFT Institut für Therapieforschung, Mental Health and Addiction Research), Heiko Bergmann (IFT Institut für Therapieforschung, Mental Health and Addiction Research)

Abstract

Hintergrund und Fragestellung
Im Projekt NEWS wird ein deutschlandweites Frühwarnsystem zu besonders gesundheitsgefährdenden Entwicklungen bei illegalen Substanzen und Medikamentenmissbrauch implementiert. Im letzten Jahr war die Beobachtung synthetischer Opioide thematischer Schwerpunkt, weil mehrere Indikatoren auf eine möglicherweise steigende Bedeutung dieser oftmals hochpotenten Substanzen verweisen. Der Beitrag stellt kurz die Ergebnisse aus NEWS zu diesem Thema dar.

Methoden
NEWS verfolgt einen multimodalen Ansatz, der verschiedene Verfahren der empirischen Sozialforschung kombiniert und die Perspektiven möglichst aller Personen und Institutionen, die in Deutschland mit illegalen Substanzen und Medikamentenmissbrauch zu tun haben, erfasst. Zudem fließen Informationen aus internationalen Warnsystemen ein.

Ergebnisse
Es gibt Anzeichen für eine Verknappung von Heroin, allerdings bisher nicht flächendeckend für Deutschland. Gleichzeitig scheint die Verbreitung und Verfügbarkeit synthetischer Opioide, hierunter opioidhaltige Schmerzmittel wie auch NPS-Opioide wie die Nitazene, zu steigen. Zudem wurden erste Beimischungen von Nitazenen zu Heroin sowie gefälschte Medikamente, insbesondere gefälschtes Oxycodon, das stattdessen Nitazene enthielt, entdeckt. Unterschiedliche Gruppen konsumieren synthetische Opioide; neben der klassischen „Heroin“-Klientel gibt es eine zahlenmäßig aktuell nicht zu beziffernde Gruppe jüngerer Konsumierender. Expert*innen berichten, dass diese teils kaum über die Risiken informiert sind. Auch beginnen zumindest in einigen deutschen Regionen wieder mehr jüngere Personen eine Substitutionstherapie. Zudem wurden nicht-tödliche und tödliche Vergiftungen mit Nitazenen gemeldet; bei Naloxoneinsätzen sind hier teils mehrere Naloxondosierungen notwendig.

Diskussion und Schlussfolgerung
Die vorgestellten Ergebnisse sind häufig qualitativer Natur, da zu neuen Phänomenen keine großen quantitativen Datenquellen existieren. Dennoch zeichnet sich ab, dass die Entwicklungen bzgl. synthetischer Opioide in Deutschland dringend vertiefter Aufmerksamkeit bedürfen. Für ein besseres Monitoring sind mehr toxikologische Analysen zentral. Auf der Interventionsebene ist ein großer Bedarf für eine zielgruppengerechte Prävention des Fehlgebrauchs von (opioidhaltigen) Medikamenten bei Jugendlichen erkennbar. Um Überdosierungen entgegenzuwirken, ist außerdem eine höhere Verbreitung von Naloxon anzuraten – zudem sollten Helfende mehrere Dosen bei sich tragen.

Interessenskonflikte sowie Erklärung zur Finanzierung
Ich bzw. die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, die die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten.
Erklärung zur Finanzierung: Die Arbeit ist im Rahmen des Projekts National Early Warning System (NEWS) entstanden. Dieses wird finanziert vom Bundesministerium für Gesundheit.

Artikel-Details

Zitationsvorschlag

Neumeier, E., Schneider, F., & Bergmann, H. (2025). Tilidin, Oxycodon, Heroin, Nitazene und co. – NEWS zu synthetischen Opioiden. Deutscher Suchtkongress, 2(1), 2340. https://doi.org/10.18416/DSK.2025.2340