Deutscher Suchtkongress
Bd. 2 Nr. 1 (2025): Deutscher Suchtkongress
https://doi.org/10.18416/DSK.2025.2332
Regulation von Craving durch Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR) im Kontext der problematischen Nutzung sozialer Medien
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Abstract
Hintergrund und Fragestellung
Craving gilt als zentraler Mechanismus, der maßgeblich zur Entstehung, Aufrechterhaltung und Rückfallgefährdung bei Verhaltenssüchten beiträgt. Theoretische Konzeptionen gehen davon aus, dass bildhaftes Desire Thinking – die explizite kognitive Elaboration begehrter Reize oder Zielzustände – einen Verstärkungsprozess darstellt, der Craving intensiviert und maladaptive Nutzungsmuster etabliert. Im Kontext von Suchterkrankungen wird Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR) zunehmend als Intervention untersucht, um die Intensität von Cravingreaktionen durch bilaterale Augenstimulation zu reduzieren. Ziel der vorliegenden Studie ist es, zu überprüfen, ob EMDR mittels bilateraler Stimulation cravingbezogene Reaktionen bei einer problematischen Social-Media-Nutzung beeinflussen kann.
Methoden
Zur Craving-Induktion absolvierte eine Analogstichprobe eine Imaginationsaufgabe mit Fokus auf die eigene Nutzung sozialer Medien. Anschließend wurden die Teilnehmenden randomisiert einer von zwei Versuchsbedingungen zugewiesen. Beide Gruppen durchliefen ein adaptiertes CravEX-EMDR-Protokoll. Als Ausgangsbild diente, der zuvor in der Imaginationsaufgabe generierte, subjektiv lebhafteste Moment der eigenen Social-Media-Nutzung. Während der Reprozessierungsphase führte die Experimentalgruppe horizontale Augenbewegungen aus, während die Kontrollgruppe einen zentrierten Lichtpunkt fixierte. Zu mehreren Messzeitpunkten wurden cravingbezogene Reaktionen (u. a. Cravingstärke, Intrusivität, Emotionalität, Lebendigkeit), Desire Thinking (DTQ), metakognitive Überzeugungen, Nutzungserwartungen und der Schweregrad problematischer Social-Media-Nutzung erhoben.
Ergebnisse
Die Experimentalgruppe zeigte im Vergleich zur Kontrollgruppe eine signifikant stärkere Reduktion der Lebendigkeit des mentalen Bildes. Zudem wurde dessen Emotionalität als signifikant negativer eingeschätzt. Hinsichtlich der Cravingstärke und der Intrusivität ergaben sich hingegen keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen. Eine Subgruppenanalyse ergab, dass Teilnehmende mit hoher Symptomschwere bzw. hoher Nutzungszeit von sozialen Medien in der Experimentalgruppe insgesamt eine signifikant stärkere Reduktion der Intensität von Cravingreaktionen aufwiesen als die Kontrollgruppe.
Diskussion und Schlussfolgerung
Die Ergebnisse deuten auf eine wirksame Modulation cravingbezogener kognitiver und affektiver Prozesse durch EMDR hin. Die gezielte Bearbeitung bildhafter, cravingauslösender Vorstellungen mithilfe bilateraler Stimulation könnte somit auch im Kontext problematischer Social-Media-Nutzung einen vielversprechenden Interventionsansatz darstellen – insbesondere für Personen mit hoher Symptomschwere bzw. hoher Nutzungszeit.
Interessenskonflikte sowie Erklärung zur Finanzierung
Ich bzw. die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, die die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten.