Deutscher Suchtkongress
Bd. 2 Nr. 1 (2025): Deutscher Suchtkongress
https://doi.org/10.18416/DSK.2025.2318

Rolle des zielgerichteten Verhaltens und Pawlowsch-instrumentellen Transfers für Substanzkonsumstörungen (S19), ID 2318

Einfluss von akutem Stress auf Pawlowsch-instrumentellen Transfer (PIT) und neuronale Prozesse bei Alkoholkonsumstörung

Hauptsächlicher Artikelinhalt

Maren Born (Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Charité-Universitätsmedizin Berlin), Carlotta Riemerschmid  (IFT Institut für Therapieforschung), Hao Chen (Neuroimaging Center, Technische Universität Dresden), Samanda Krasniqi  (Klinik für Psychiatrie and Psychotherapie, Charité-Universitätsmedizin Berlin), Eva Friedel (Klinik für Psychiatrie and Psychotherapie, Charité-Universitätsmedizin Berlin), Andreas Heinz  (Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsklinikum Tübingen), Claudia Ebrahimi (Klinik für Psychiatrie and Psychotherapie, Charité-Universitätsmedizin Berlin), Maria Garbusow  (Abteilung für Psychologie, MSB Medical School Berlin)

Abstract

Hintergrund und Fragestellung
Umgebungsreize können die Entwicklung und Aufrechterhaltung von Suchterkrankungen beeinflussen. Der Pawlowsch`-instrumentelle Transfer (PIT) beschreibt dabei den Einfluss klassisch konditionierter Reize (CS) auf instrumentell erlerntes Verhalten. Akuter psychosozialer Stress ist wiederum ein etablierter Risikofaktor für Rückfälle bei der Alkoholkonsumstörung (AUD). Bislang ist jedoch nur unzureichend untersucht, ob und wie diese beiden Prozesse zusammenwirken. Insbesondere bleibt offen, in welcher Form akuter Stress neuronal und behavioral den PIT beeinflusst.

Methoden
Im Rahmen der ReCode-Studie (TRR265) absolvierten 125 Proband*innen (74 AUD, 51 Kontrollen) ein PIT-Paradigma mit monetären sowie alkohol- und tabakassoziierten klassisch konditionierten Reizen. Davon wurden 96 mittels funktioneller Magnetresonanztomografie untersucht. An zwei aufeinanderfolgenden Messtagen durchliefen die Teilnehmenden zunächst eine instrumentelle Lernphase sowie eine Pawlowsche Konditionierung. Anschließend wurde randomisiert entweder eine Stressinduktion mittels Trier-Sozialer-Stresstest (TSST) oder ein Placebo-TSST durchgeführt. Abschließend wurde das PIT-Paradigma durchgeführt.

Ergebnisse
Auf behavioraler Ebene zeigte sich, dass akuter Stress in beiden Gruppen den Einfluss konditionierter Reize auf das instrumentell erlernte Verhalten signifikant verstärkte. In Situationen, in denen Annäherungsverhalten gefordert war, zeigte sich bei Patient*innen mit AUD nach Stress zudem ein Trend zu einer stärkeren Verhaltenshemmung durch aversiv konditionierte Reize im Vergleich zur Kontrollgruppe (p = 0.09). Analysen auf neuronaler Ebene weisen darauf hin, dass der stressbedingte Anstieg des PIT bei der AUD-Gruppe mit einer erhöhten Aktivität der Amygdala assoziiert ist.

Diskussion und Schlussfolgerung
Zusammenfassend konnten wir beobachten, dass akuter psychosozialer Stress den Einfluss von Umgebungsreizen auf das Verhalten verstärkt, wobei Patient*innen mit AUD unter akutem Stress spezifisch durch aversive Umgebungsreize in ihrem Annäherungsverhalten gehemmt wurden. Die stressinduzierte Aktivierung der Amygdala bei AUD Patient*innen könnte einen zentralen neurobiologischen Mechanismus darstellen, über den Stress das Rückfallrisiko steigert. Diese Befunde liefern damit neue Ansatzpunkte für Interventionen in der Suchttherapie, die gezielt die Interaktion von Stress und reizgesteuertem Verhalten adressieren.

Interessenskonflikte sowie Erklärung zur Finanzierung
Ich bzw. die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, die die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten.
Erklärung zur Finanzierung: Die zugrunde liegende Studie wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) im Rahmen des Sonderforschungsbereichs TRR 265 „Losing and Regaining Control over Drug Intake“ (Teilprojekt B03) gefördert.

Artikel-Details

Zitationsvorschlag

Born, M., Riemerschmid , C., Chen, H., Krasniqi , S., Friedel, E., Heinz , A., … Garbusow , M. (2025). Einfluss von akutem Stress auf Pawlowsch-instrumentellen Transfer (PIT) und neuronale Prozesse bei Alkoholkonsumstörung. Deutscher Suchtkongress, 2(1), 2318. https://doi.org/10.18416/DSK.2025.2318