Deutscher Suchtkongress
Bd. 2 Nr. 1 (2025): Deutscher Suchtkongress
https://doi.org/10.18416/DSK.2025.2313
Psychotherapie neu denken - Integrierte Psychotherapie bei Sucht und psychischer Komorbidität
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Abstract
Hintergrund und Fragestellung
Suchterkrankungen verursachen erhebliche psychische Krankheitslast, werden jedoch selten psychotherapeutisch behandelt – nur 2 % der Betroffenen erhalten Psychotherapie. Ein wesentlicher Grund für die Unterversorgung liegt in der unzureichenden Behandlung komorbider psychischer Störungen wie Depression, Angststörungen oder ADHS. Obwohl psychotherapeutische Studien eine parallele Behandlung mit individualisierten Zielen (inkl. Harm Reduction) empfehlen, forciert das deutsche Versorgungssystem häufig eine sequenzielle Vorgehensweise. Aktuelle Leitlinien fordern eine integrierte Behandlung, die jedoch bislang kaum umgesetzt wird. Das vorliegende Behandlungsprogramm soll daher die Frage klären, wie ein spezialisiertes, integriertes Behandlungsprogramm zur parallelen Therapie von Sucht und Komorbidität im Praxisalltag implementiert werden kann.
Methoden
Die Hochschulambulanz der Abteilung für Klinische Psychologie bietet ein ambulantes, integratives Therapieangebot auf Basis verhaltenstherapeutischer Methoden für Patient:innen mit Sucht und komorbiden Störungen (Depression, Angst, ADHS). Die Therapien erfolgen gemäß EBM-Stufen (Sprechstunde, Probatorik, Kurzzeit- und ggf. Langzeittherapie) und es werden therapiebegleitend psychometrische Fragebögen erhoben.
Ergebnisse
In bisher 21 Monaten wurden 79 Erstgespräche durchgeführt. 58 Patient:innen nahmen mindestens einen Folgetermin wahr, 7 stehen auf der Warteliste, 7 begannen keine Therapie. Fünf Therapien wurden regulär abgeschlossen, sieben während der Kurzzeittherapie abgebrochen. Bei 33 Patient:innen traten Konsumereignisse auf, 15 blieben durchgehend abstinent. Trotz wiederholtem Konsum zeigte sich eine durchschnittliche Reduktion der Depressivität (BDI-II) um 11 Punkte und der psychischen Belastung (BSCL) um 8 Punkte nach 24 Sitzungen.
Diskussion und Schlussfolgerung
Das integrative Angebot wird sowohl von Patient:innen als auch Kooperationspartner:innen gut angenommen. Erste Ergebnisse zeigen eine vielversprechende Wirksamkeit und unterstreichen das Potenzial für eine breitere Implementierung. Eine begleitende wissenschaftliche Evaluation soll zur weiteren Optimierung beitragen.
Interessenskonflikte sowie Erklärung zur Finanzierung
Ich bzw. die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, die die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten.