Deutscher Suchtkongress
Bd. 2 Nr. 1 (2025): Deutscher Suchtkongress
https://doi.org/10.18416/DSK.2025.2305

Stigmatisierung von Sucht/Süchten (S15), ID 2305

Stigmatisierungserleben bei Personen mit Abhängigkeitserkrankung

Hauptsächlicher Artikelinhalt

Mathias Luderer (Goethe-Universität Frankfurt, Universitätsklinikum, Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie), Dorothea Stockreiter (Goethe-Universität Frankfurt, Universitätsklinikum, Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie), Laura Sophia Müller (Goethe-Universität Frankfurt, Universitätsklinikum, Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie), Franca Burger (Goethe-Universität Frankfurt, Universitätsklinikum, Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie), Andreas Reif (Goethe-Universität Frankfurt, Universitätsklinikum, Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie)

Abstract

Hintergrund und Fragestellung
Personen mit Abhängigkeitserkrankungen erleben häufig Stigmatisierung, was zu einem geringeren Hilfesuchverhalten führt und mit verantwortlich ist für die niedrige Behandlungsrate bei Abhängigkeitserkrankungen. Das Ausmaß, in dem eine Situation als stigmatisierend erlebt wird, könnte jedoch auch von zurückliegenden biografischen Erfahrungen abhängen.
Die vorliegende Studie untersuchte daher, wie stark das Stigmatisierungserleben bei Personen mit Abhängigkeitserkrankung ausgeprägt ist und ob bestimmte Gruppen (Kindheitstrauma, ADHS) stärker von Stigmatisierungserleben betroffen sind.

Methoden
Patientinnen und Patienten mit Abhängigkeitserkrankung in stationärer suchtmedizinischer Akutbehandlung an der Uniklinik Frankfurt wurden konsekutiv eingeschlossen. Das Stigmatisierungserleben als Person mit Abhängigkeitserkrankung wurde mit einer modifizierten Version der Internalized Stigma of Mental Illness Scale erfasst.
Aversive Kindheitserfahrungen wurden retrospektiv mit dem Childhood Trauma Questionnaire erfasst, ADHS wurde dichotom als Diagnose (ja/nein) erfasst.

Ergebnisse
N = 128 Patientinnen und Patienten konnten eingeschlossen werden, davon 24,2% mit ADHS und 70% mit aversiver Kindheitserfahrung. Sowohl Teilnehmende mit ADHS als auch Teilnehmende mit Kindheitstrauma wiesen ein höheres Stigmatisierungserleben auf. Es gab eine relevante Überlappung zwischen ADHS und Kindheitstraumata.

Diskussion und Schlussfolgerung
Wir konnten unsere Hypothese bestätigen, dass das Ausmaß der erlebten Stigmatisierung als Person mit Abhängigkeitserkrankung mit Faktoren assoziiert ist, die bereits vor dem ersten Substanzkonsum stattgefunden haben.
Daraus kann abgeleitet werden, dass Betroffene mit Risikofaktoren für eine besonders stark empfundene Stigmatisierung (ADHS und/oder Kindheitstrauma) ein besonders behutsames psychotherapeutisches Vorgehen notwendig ist, das die Sorge vor Zurückweisung addressiert, um Therapieabbrüche zu vermeiden. Umgekehrt stellt eine besondere Sensibilität für Zurückweisungen während der Therapie einen Hinweis auf aversive Kindheitserfahrungen und/oder eine ADHS dar.

Interessenskonflikte sowie Erklärung zur Finanzierung
Während der letzten 3 Jahre bestanden folgende wirtschaftlichen Vorteile oder persönliche Verbindungen, die die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten: Mathias Luderer erhielt finanzielle Zuwendungen von Medice, Takeda, Recordati, Idorsia. Andreas Reif erhielt finanzielle Zuwendungen von Janssen, Boehringer Ingelheim, COMPASS, SAGE/Biogen, LivaNova, Shire/Takeda, MSD und cyclerion.

Artikel-Details

Zitationsvorschlag

Luderer, M., Stockreiter, D., Müller, L. S., Burger, F., & Reif, A. (2025). Stigmatisierungserleben bei Personen mit Abhängigkeitserkrankung. Deutscher Suchtkongress, 2(1), 2305. https://doi.org/10.18416/DSK.2025.2305