Deutscher Suchtkongress
Bd. 2 Nr. 1 (2025): Deutscher Suchtkongress
https://doi.org/10.18416/DSK.2025.2288
Fahren unter Cannabiseinfluss: Veränderungen des Fahrverhaltens nach der Teillegalisierung
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Abstract
Hintergrund und Fragestellung
Mit dem Inkrafttreten des Konsumcannabisgesetzes (KCanG) zum 1. April 2024 wurde der Besitz und private Anbau geringer Mengen Cannabis für Erwachsene in Deutschland legalisiert. Zum 22. August 2024 trat zudem eine Änderung des Straßenverkehrsgesetzes in Kraft, die einen gesetzlichen Grenzwert von 3,5 ng/ml THC im Blutserum für das Führen von Kraftfahrzeugen festlegt. Im Rahmen dieses Vortrags werden Ergebnisse vorgestellt, inwiefern sich diese gesetzlichen Anpassungen auf das Fahren unter dem Einfluss von Cannabis (DUIC+ – Driving Under the Influence of Cannabis, inkl. Mischkonsum mit anderen psychoaktiven Substanzen) auswirken. Zusätzlich werden Merkmale von DUIC+ in Bezug auf Konsummuster und Mischkonsum näher beschrieben.
Methoden
Mit Durchführung zweier wiederholt querschnittlicher Befragungen (November/Dezember 2023: Baseline t0; November-Januar 2024/25: Follow-Up t1) wurden in Deutschland und Österreich (Kontrollgruppe) bevölkerungsbasierte Daten vor und nach Inkrafttreten des KCanG gesammelt. Der Effekt der Teillegalisierung auf DUIC+ wurde unter n t0 = 554 und n t1 = 589 Befragten (Österreich: n t0 = 86 und n t1 = 92) mit mindestens monatlichem Cannabiskonsum (ohne rein medizinischem Cannabisgebrauch auf Rezept) mittels Difference-in-Differences-Analyse untersucht. Zudem wurden deskriptive Auswertungen zu Konsummustern, DUIC+-Prävalenz und Mischkonsum vorgenommen.
Ergebnisse
Die 12-Monats-Prävalenz von DUIC+ in Deutschland sank leicht von 31,5% (t0) auf 29,6% (t1; Veränderung nicht signifikant: p = ,46). Es zeigte sich kein signifikanter Trendunterschied zur Kontrollgruppe Österreich (p = ,51). Ein Großteil der DUIC+-Fahrten ging auf wenige, täglich Konsumierende zurück, die überwiegend allein unter Cannabiseinfluss fuhren (68%). Bei zunehmender Häufigkeit von Cannabiskonsum wurde Mischkonsum im Zusammenhang mit DUIC seltener angegeben.
Diskussion und Schlussfolgerung
Etwa acht Monate nach Inkrafttreten des KCanG zeigen sich keine Hinweise auf einen Anstieg von DUIC+. DUIC ohne Konsum anderer psychoaktiver Substanzen wird vor allem von täglich Konsumierenden berichtet, wobei das für den Straßenverkehr größere Risikopotenzial im DUIC-Mischkonsum von unregelmäßig Konsumierenden liegt.
Interessenskonflikte sowie Erklärung zur Finanzierung
Während der letzten 3 Jahre bestanden folgende wirtschaftlichen Vorteile oder persönliche Verbindungen, die die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten: Anna Schranz hat eine Aufwandsentschädigung für eine Präsentation im Zusammenhang mit Cannabis von der Bayerische Akademie für Sucht- und Gesundheitsfragen erhalten. Jakob Manthey war oder ist beratend für die AOK, EUDA und WHO tätig und hat für Präsentationen im Zusammenhang mit Cannabis Aufwandsentschädigungen und Reisekostenerstattungen von verschiedenen Gesundheitsorganisationen erhalten. Es bestehen keine Verbindungen zur (Cannabis-)Industrie: keine Aktien, Patente, Beratungstätigkeiten oder ähnliches. Uwe Verthein erklärt, dass er als Berater für das Unternehmen Hexal AG tätig ist. Darüber hinaus bestanden keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen, die die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten.
Erklärung zur Finanzierung: Die zugrunde liegende Studie „Auswirkungen einer Neuregelung der Cannabisabgabe auf die Verkehrssicherheit“ wird gefördert von der Bundesanstalt für Straßenwesen (FE 82.0816/2023).