Deutscher Suchtkongress
Bd. 2 Nr. 1 (2025): Deutscher Suchtkongress
https://doi.org/10.18416/DSK.2025.2280
Craving und reduzierte Kontrolle im Alltag bei problematischer Pornografienutzung und Gaming
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Abstract
Hintergrund und Fragestellung
Aktuelle Theorien und Modelle zu Verhaltenssüchten, wie beispielsweise das I-PACE-Modell, postulieren eine komplexe Interaktion von Mechanismen, die an der Entwicklung und Aufrechterhaltung von suchtartigem Verhalten, wie problematischem Pornografiekonsum, beteiligt sind. Schlüsselmechanismen sind Cue-Reactivity und Craving sowie reduzierte Kontrolle über das Verhalten, die mit der Symptomschwere bei verschiedenen Verhaltenssüchten verbunden sind. Ziel dieser Studie ist es, die Relevanz von Craving und Inhibitionskontrolle im Labor wie auch im Alltag für eine geminderte Kontrolle über die Nutzung von Pornografie und Gaming zu untersuchen.
Methoden
144 Teilnehmende wurden durch ein strukturiertes Interview basierend auf DSM-5 Kriterien der Gruppe mit riskantem oder pathologischem Pornografiekonsum (n=45) oder Gaming (n=89) zugeordnet. Im Labor-Teil der Studie wurde Craving nach einem auditiven Desire-Thinking Skript sowie stimulus-spezifische Inhibitionskontrolle mittels einer Stop-Signal Task untersucht. Anschließend wurde ein Ecological Momentary Assessment (EMA) über 7 Tage durchgeführt, wobei 4-mal täglich Craving und selbstberichtete stimulus-spezifische Inhibitionskontrolle erfasst wurden. Außerdem wurden Nutzungszeiten sowie reduzierte Kontrolle über die Nutzung erfasst.
Ergebnisse
Craving-Ratings stiegen nach dem Audio-Skript signifikant an. Craving nach dem Audio-Skript geht mit einem höheren Craving innerhalb des EMAs einher. Bei ca. 55% der 790 erfassten Nutzungszeiten wurden Momente der verringerten Kontrolle im EMA berichtet. Craving und Inhibitionskontrolle unmittelbar vor der Verhaltensausführung waren jedoch keine Prädiktoren für das Erleben eines Kontrollverlusts. Craving im Alltag war hingegen signifikant prädiktiv für geringere Inhibitionskontrolle.
Diskussion und Schlussfolgerung
Das auditive Cue-Reactivity Paradigma zeigt signifikante Effekte auf Craving im Labor. Dieses ist mit Craving in der natürlichen Umgebung korreliert. Craving im Alltag ist allerdings – entgegen theoretischer Annahmen – nicht prädiktiv für das Erleben verminderter Kontrolle im Alltag. Das Zusammenspiel der Variablen, die im Labor und mittels EMA erfasst wurden, wird eruiert.
Interessenskonflikte sowie Erklärung zur Finanzierung
Ich bzw. die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, die die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten.
Erklärung zur Finanzierung: Die Arbeit an diesem Artikel erfolgte im Rahmen eines DFG-Forschungsprojekts „Explaining and predicting moments of impaired control in individuals with the aim to regulate their gaming behavior or pornography use: A multi-method study approach“ (505991343).