Deutscher Suchtkongress
Bd. 2 Nr. 1 (2025): Deutscher Suchtkongress
https://doi.org/10.18416/DSK.2025.2279
Geschlechterunterschiede bei Menschen mit der Diagnose „pathologisches Spielen“ in ambulanter Psychotherapie
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Abstract
Hintergrund und Fragestellung
Frauen, die glücksspielbezogene Hilfen (psychologisch/psychotherapeutische Behandlung in (Klinik)Ambulanzen) in Anspruch nehmen, scheinen sich in einigen Aspekten von ihren männlichen Pendants zu unterscheiden (z.B. Alter der Hilfeinanspruchnahme oder Komorbiditäten). Inwieweit dies auch für die Inanspruchnahme ambulanter Psychotherapie in Deutschland gilt, ist bislang unklar. Unsere Studie verwendet Abrechnungsdaten der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns, um diese Frage zu beantworten.
Methoden
Als Datengrundlage dienen alle bayerischen, volljährigen gesetzlich Versicherten, die vertragsärztliche Leistungen nutzten. Die Einschlusskriterien waren 1.) Diagnose F63.0 G (ICD-10 GM) zwischen dem Quartal 1 im Jahr 2021 und dem Quartal 1 im Jahr 2022 sowie in mindestens einem von drei drauffolgenden Quartalen, 2.) mindestens eine abgerechnete Leistung einer Psychotherapeutin oder eines Psychotherapeuten. 589 Personen (109 Frauen, 480 Männer) wurden über einen individuellen Zeitraum von 8 Quartalen geschlechterstratifiziert nachverfolgt. Für beide Gruppen wurde Altersstruktur, Vorhandensein komorbider psychischer Störungen und Art der psychotherapeutischen Anbindung (Häufigkeit, Frequenz, Angebotsinanspruchnahme) anhand von (nicht-)überlappenden 95 %-Konfidenzintervallen kontrastiert.
Ergebnisse
Frauen wiesen ein höheres Durchschnittsalter (47J. vs. 38J.) auf und erhielten häufiger die Begleitdiagnose Depression (94% vs. 84%), posttraumatische Belastungsstörung (28% vs. 10%) und Persönlichkeitsstörung (36% vs. 21%) als Männer. Zudem nahmen Frauen anteilsmäßig signifikant seltener psychotherapeutische Sprechstunden (45% vs. 67%) bzw. probatorische Sitzungen (27% vs. 41%) wahr als Männer. Ähnlich verbreitet waren bei beiden Geschlechtern verhaltenstherapeutische (F: 44% vs. M: 38%) und tiefenpsychologische Einzelsitzungen (F: 23% vs. M: 18%) sowie psychotherapeutische Gespräche (F: 34% vs. M: 34%). Bei der Häufigkeit der in Anspruch genommenen psychotherapeutischen Leistungen konnten keine Unterschiede gefunden werden.
Diskussion und Schlussfolgerung
Hilfesuchende Frauen in ambulanter Psychotherapie haben mehr psychische Komorbidität, welche die Komplexität der Behandlung erhöht. Mehr Männer nehmen Angebote vor einem Therapiebeginn (psychotherapeutische Sprechstunde/Probatorik) wahr. Bei der Inanspruchnahme psychotherapeutischer Einzelsitzungen zeigt sich kein Geschlechterunterschied. Folgestudien zur Passgenauigkeit der Angebote und zum Entscheidungsprozess für oder gegen eine ambulante Psychotherapie wären wünschenswert.
Interessenskonflikte sowie Erklärung zur Finanzierung
Ich bzw. die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, die die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten.
Erklärung zur Finanzierung: Die zugrunde liegende Studie wurde voll vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention im Rahmen der Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern (LSG) finanziell gefördert. Der Freistaat Bayern ist im Rahmen des staatlichen Glücksspielmonopols Anbieter von Glücksspielen über die Staatliche Lotterieverwaltung (Lotterien, Sportwetten und Spielbanken) und übt gleichzeitig die oberste Aufsicht über öffentliche und private Glücksspiele aus.