Deutscher Suchtkongress
Bd. 2 Nr. 1 (2025): Deutscher Suchtkongress
https://doi.org/10.18416/DSK.2025.2275

Soziodemographie und Konsumverhalten (Postersession 3), ID 2275

Stationäre Behandlung von Ärzt:innen mit stoffgebundenen Abhängigkeitserkrankungen – eine monozentrische, retrospektive Datenanalyse der Jahre 2010-2024

Hauptsächlicher Artikelinhalt

Jelte Wieting (Oberberg Fachklinik Weserbergland), Annette Hampel (Oberberg Fachklinik Weserbergland), Maximilian Deest (Oberberg Fachklinik Weserbergland)

Abstract

Hintergrund und Fragestellung
Stoffgebundene Abhängigkeitserkrankungen bei Ärzt:innen stellen aufgrund ihrer berufsspezifischen Belastungen, aber auch der berufsimmanenten Verantwortung gegenüber Dritten, eine besondere Herausforderung in Diagnostik und Behandlung dar. Ziel dieser retrospektiven Studie war es, demographische Merkmale, Diagnosen und Behandlungsverläufe von Ärzt:innen mit substanzgebundenen Abhängigkeitserkrankungen (ICD-10: F10-F19), die sich in stationäre psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung begeben haben, zu erfassen.

Methoden
Im Rahmen einer retrospektiven Datenauswertung wurden die Behandlungsdaten von Ärzt:innen mit substanzgebunden Störungen erhoben, die im Zeitraum von 2010 bis 2024 in einer psychiatrisch-psychotherapeutischen privaten Akutklinik stationär behandelt wurden. Erfasst und deskriptiv ausgewertet wurden demographische Parameter (Alter, Geschlecht), Facharztbezeichnungen, Haupt- und Nebendiagnosen, Art der Behandlung (Entgiftung, Qualifizierter Entzug, Entwöhnung) sowie Wiederaufnahmen als indirekter Marker für Rückfälle.

Ergebnisse
Die Daten von N = 606 behandelten Ärzt:innen wurden eingeschlossen, die Mehrzahl davon männlich (67%). Das Durchschnittsalter betrug 55,2 Jahre (SD = 10,5, Männer 56,8 Jahre, Frauen 51,9 Jahre). Die häufigsten Fachrichtungen waren Allgemeinmedizin (19,5%) vor Zahnmedizin (13,2%) und Innere Medizin (12,9%). Bei den substanzinduzierten Störungen wiesen 79,8% als Haupt- oder Nebendiagnose eine Alkoholabhängigkeit auf (ICD-10: F10.2), gefolgt von 24,6% mit einer Abhängigkeit von Sedativa/Hypnotika (ICD-10: F13.2) und 13,0% mit einer Opioidabhängigkeit (ICD-10: F11.2). Komorbide psychiatrische Diagnosen lagen bei einem substanziellen Teil der behandelten Ärzt:innen vor. Insbesondere depressive Störungen (ICD-10: F32, F33) wurden mit 65,1% häufig diagnostiziert. 35,6% absolvierten eine Entwöhnungsbehandlung, während der Anteil Qualifizierter Entzugs- und Motivationsbehandlungen (QE) mit 24,9% geringer ausfiel. Entgiftungen wurden in 23,4% der Fälle durchgeführt. 28,6% der Ärzt:innen wurden wiederholt aufgenommen.

Diskussion und Schlussfolgerung
Die Ergebnisse dieser Studie untermauern die Relevanz spezialisierter Suchtbehandlungskonzepte für Ärzt:innen. Weiterführende Analysen zu Prädiktoren für Rückfälle sowie differenzierte Anbindungs- und Versorgungspfade in Abhängigkeit vom Fachgebiet könnten zur Verbesserung der Behandlungsqualität beitragen.

Interessenskonflikte sowie Erklärung zur Finanzierung
Ich bzw. die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, die die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten.

Artikel-Details

Zitationsvorschlag

Wieting, J., Hampel, A., & Deest, M. (2025). Stationäre Behandlung von Ärzt:innen mit stoffgebundenen Abhängigkeitserkrankungen – eine monozentrische, retrospektive Datenanalyse der Jahre 2010-2024. Deutscher Suchtkongress, 2(1), 2275. https://doi.org/10.18416/DSK.2025.2275