Deutscher Suchtkongress
Bd. 2 Nr. 1 (2025): Deutscher Suchtkongress
https://doi.org/10.18416/DSK.2025.2274
Zielgerichtete Kontrolle bei Alkoholkonsumstörung: Verwendung störungsspezifischer Verstärker innerhalb eines Contingency-Degradation Paradigmas
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Abstract
Hintergrund und Fragestellung
Ein zentrales Merkmal von Alkoholkonsumstörungen (AUD) ist der wiederholte Alkoholkonsum trotz negativer Folgen, häufig verbunden mit einem Kontrollverlust über das Trinkverhalten. Nach der Habit-Theorie entsteht dies durch eine Verschiebung von zielgerichteter zu habitueller Kontrolle. Tierexperimentelle Befunde deuten darauf hin, dass eine chronische Alkoholexposition die Fähigkeit beeinträchtigt, auf veränderte Handlungs-Ergebnis-Kontingenzen zu reagieren – ein Hinweis auf verstärkte habituelle Kontrolle. Beim Menschen wurde eine reduzierte Kontingenzsensitivität in verschiedenen psychischen Störungen nachgewiesen, jedoch fehlen entsprechende Daten für AUD. Zudem ist unklar, inwiefern störungsspezifische Verstärker – wie alkoholische Reize – das Verhalten beeinflussen.
Methoden
Zur Untersuchung von habitueller- versus zielgerichteter Kontrolle wurde ein angepasstes Paradigma zur Kontingenz-Degradierung eingesetzt. Die Teilnehmenden erhielten alkoholische und nicht-alkoholische Verstärker. Zielgerichtete Kontrolle wurde über die Sensitivität gegenüber Kontingenzveränderungen bewertet – erfasst anhand von Reaktionsraten und expliziten Einschätzungen zur Kausalität. Die Stichprobe umfasste 50 Personen mit milder bis moderater AUD (28 Frauen, Durchschnittsalter: 30,98 ± 8,44 Jahre) sowie 33 gesunde Kontrollpersonen (23 Frauen, Durchschnittsalter: 27,33 ± 6,63 Jahre).
Ergebnisse
Unabhängig von der Gruppenzugehörigkeit zeigten Teilnehmende deutliche Sensitivität gegenüber veränderten Handlungs-Ergebnis-Kontingenzen – sowohl in der Reaktionsrate (b = 0,10, SE = 0,03, p < .001) als auch in Kausalurteilen (b = 0,06, SE = 0,05, p < .001). Weder die AUD-Diagnose noch Art des Verstärkers beeinflussten diese Sensitivität signifikant. Die subjektive Bewertung der Getränkereize nahm im Verlauf signifikant ab (b = -0,02, SE = 0,01, p < .001), besonders bei Alkohol (b = -0,03, SE = 0,01, p < .001), mit stärkerem Rückgang bei höherem AUD-Schweregrad (b = 0,01, SE = 0,01, p < .017).
Diskussion und Schlussfolgerung
Auf Grundlage der Ergebnisse zeigen Personen mit AUD keine reduzierte Fähigkeit zur Berücksichtigung von Kontingenzänderungen – unabhängig vom eingesetzten Verstärker. Die abnehmende subjektive Attraktivität alkoholischer Reize erschwert jedoch die Interpretation möglicher verstärkerspezifischer Effekte.
Interessenskonflikte sowie Erklärung zur Finanzierung
Ich bzw. die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, die die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten.
Erklärung zur Finanzierung: Die zugrunde liegende Studie wurde im Rahmen des DFG geförderten SFB TRR 265 (Projektnummer 402170461) erhoben.