Deutscher Suchtkongress
Bd. 2 Nr. 1 (2025): Deutscher Suchtkongress
https://doi.org/10.18416/DSK.2025.2264

Frauen, Männer, Queers*: Diversität bei Suchterkrankungen (S01), ID 2264

Genderfokus auf Angehörige von Suchterkrankten

Hauptsächlicher Artikelinhalt

Gallus Bischof (Universität zu Lübeck, Klinik für Psychiatrie), Anja Bischof (Universität zu Lübeck, Klinik für Psychiatrie)

Abstract

Hintergrund und Fragestellung
Angehörige von Menschen mit Suchterkrankungen (AMS) weisen hohe Belastungen auf, nehmen aber bislang nur zu einem geringen Teil Unterstützungsangebote war. Während mit Ausnahme von suchtbelasteten Partnerschaften Männer und Frauen vergleichbar von Abhängigkeitserkrankungen im sozialen Nahraum betroffen sind, werden Unterstützungsangebote fast ausschließlich von weiblichen AMS genutzt. Bislang liegen nur wenige Studien zu geschlechtsspezifischen Einflussfaktoren auf Inanspruchnahme und Belastungen von AMS vor, die zudem methodischen Einschränkungen unterliegen. Der Beitrag untersucht die Aussagekraft und mögliche Erklärungsansätze zu genderspezifischen Unterschieden bei AMS aus einer multi-methodischen Perspektive.

Methoden
Narratives Review zum internationale Forschungsstand zu Genderunterschieden hinsichtlich Häufigkeit und Belastungserleben sowie der geschlechtsspezifischen Aussagekraft von Studien zu Interventionsangeboten für Angehörige.

Ergebnisse
Epidemiologisch geben Frauen häufiger Suchterkrankungen in Partnerschaften und der eigenen Kernfamilie an und benennen ausgeprägtere eigene Beeinträchtigungen hinsichtlich des psychischen Wohlbefindens, finanziellen Belastungen, Störungen des Familienlebens und Viktimisierung. Die Genderunterschiede waren besonders ausgeprägt bei konservativeren Geschlechterrollenerwartungen in kollektivistischen Kulturen. Allerdings sind die belastungsbezogenen Daten über die Studien hinweg inkonsistent und sowohl Männer als auch Frauen berichteten über vergleichbare Belastungsfaktoren und gegenüber Alters- und geschlechtsgematchten Vergleichsgruppen über reduzierte psychische Gesundheit. Studien zur Wirksamkeit angehörigenbezogener Interventionen belegen mehrheitlich günstige Effekte auf das psychische Wohlbefinden der Teilnehmenden. Allerdings wurden entsprechende Studien mehrheitlich in industrialisierten Ländern durchgeführt und erlauben aufgrund des geringen Anteils an männlichen AMS (i.d.R. < 20%) nur begrenzt Aussagen zur Wirksamkeit dieser Interventionen bei Männern.

Diskussion und Schlussfolgerung
Studien zu AMS deuten auf das Vorliegen geschlechtsspezifischer Unterschiede im Belastungserleben hin, wobei die Studienlage zu Bewältigungsmechanismen und Belastungserleben insbesondere bei Männern limitiert ist. Vertiefende Studien sind mehrheitlich an hoch selegierten Stichproben durchgeführt worden und sind in ihrer Generalisierbarkeit begrenzt. Weitere Studien zum Einfluss internalisierter Geschlechterrollen auf Inanspruchnahmeverhalten und Effektivität angehörigenbezogener Interventionen sind erforderlich.

Interessenskonflikte sowie Erklärung zur Finanzierung
Ich bzw. die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, die die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten.

Artikel-Details

Zitationsvorschlag

Bischof, G., & Bischof, A. (2025). Genderfokus auf Angehörige von Suchterkrankten. Deutscher Suchtkongress, 2(1), 2264. https://doi.org/10.18416/DSK.2025.2264