Deutscher Suchtkongress
Bd. 2 Nr. 1 (2025): Deutscher Suchtkongress
https://doi.org/10.18416/DSK.2025.2261
Die neurale Verarbeitung von sexuellen Reizen im Striatum bei problematischer Pornografienutzung: Ein systematischer Überblick
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Abstract
Hintergrund und Fragestellung
Neurowissenschaftliche Suchttheorien gehen davon aus, dass es im Verlauf der Suchtentwicklung zu einer Verschiebung von belohnungsbezogenem zu habituellem und kompulsivem Suchtverhalten kommt, die mit einer Verlagerung der Aktivitäten vom ventralen zum dorsalen Striatum bei der Verarbeitung suchtrelevanter Reize einhergehen könnte. Die Verarbeitung sexueller Reize könnte im Kontext von Verhaltenssüchten eine besondere Rolle spielen, da explizite sexuelle Reize als natürliche Verstärker betrachtet werden. Diese systematische Übersichtsarbeit fasst die Ergebnisse von bildgebenden Studien zur striatalen Verarbeitung sexueller Reize in Bezug auf problematische Pornografienutzung zusammen. Dabei wird sowohl die funktionelle Verarbeitung bei Aufgaben mit expliziten sexuellen Reizen als auch mit abstrakten, konditionierten Hinweisreizen miteinbezogen.
Methoden
Es wurde eine systematische Literatursuche in PubMed, Scopus und Web of Science entsprechend vordefinierter Suchbegriffe durchgeführt. Es wurden whole-brain und region-of-interest Analysen in striatalen Regionen bei Personen mit unterschiedlichen Schweregraden problematischer Pornografienutzung und gesunden Kontrollpersonen einbezogen. N = 18 empirische Studien aus dem Zeitraum 2014-2024 berichteten über neurale Aktivierungen bei der Verarbeitung sexueller Hinweisreize und enthielten ausreichende Informationen über den Schweregrad der problematischen Pornografienutzung. Das Verfahren folgte den PRISMA-Leitlinien und umfasste eine Bewertung des Biasrisikos auf der Grundlage von Leitlinien für Studien zur neuralen Reizreaktivität.
Ergebnisse
Bei gesunden Personen sowie bei Personen mit problematischer Pornografienutzung wird häufig eine verstärkte Aktivierung des ventralen und dorsalen Striatums bei der Verarbeitung expliziter sexueller Reize und konditionierter Hinweisreize gegenüber Kontrollstimuli berichtet. Einige Studien zeigen zudem eine modulierte Aktivierung in dorsalen oder ventralen Regionen des Striatums, welche mit der Symptomschwere assoziiert wird.
Diskussion und Schlussfolgerung
Die Überblicksarbeit unterstreicht die zentrale Rolle des ventralen und des dorsalen Striatums bei der Verarbeitung von sexuellen Reizen und konditionierten Hinweisreizen. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass auch im Kontext problematischer Pornografienutzung eine Verstärkung der Belohnungssensitivität und habitueller bzw. kompulsiver Handlungstendenzen auf suchtbezogene Reize vorliegen könnten, die mit einer ventralen und dorsalen Striatumbeteiligung einhergehen.
Interessenskonflikte sowie Erklärung zur Finanzierung
Ich bzw. die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, die die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten.
Erklärung zur Finanzierung: Die Arbeit aller Autor:innen an diesem Artikel erfolgte im Rahmen der DFG-Forschungsgruppe zu affektiven und kognitiven Mechanismen spezifischer Internetnutzungsstörungen (FOR2974, 411232260).