Deutscher Suchtkongress
Bd. 2 Nr. 1 (2025): Deutscher Suchtkongress
https://doi.org/10.18416/DSK.2025.2244

Neuropsychologische und biochemische Aspekte der Suchtentwicklung und -behandlung (S33), ID 2244

Neuropsychologische Auffälligkeiten von Patient:innen mit Alkoholabhängigkeit im Verlauf einer stationären Entwöhnungsbehandlung

Hauptsächlicher Artikelinhalt

Josef Rabl (LVR-Universitätsklinikum Essen, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Medizinische Fakultät, Universität Duisburg-Essen, Essen, Deutschland; Johannesbad Kliniken Fredeburg GmbH, Schmallenberg, Deutschland), Dieter Geyer (Johannesbad Kliniken Fredeburg GmbH,), Dario Kroll (MIDI-Insitute, Faculty of Applied Social Sciences, Technische Hochschule Köln), Fabrizio Schifano (Psychopharmacology, Drug Misuse and Novel Psychoactive Substances Research Unit, School of Life and Medical Sciences, University of Hertfordshire), Norbert Scherbaum (LVR-Universitätsklinikum Essen, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Medizinische Fakultät, Universität Duisburg-Essen)

Abstract

Hintergrund und Fragestellung
Die Alkoholabhängigkeit ist assoziiert mit neuropsychologischen Auffälligkeiten wie Craving, erhöhte Impulsivität, reduzierte Inhibitionskontrolle und eine Wahrnehmungsverzerrung hin zu alkoholassoziierten Stimuli. Ob diese Auffälligkeiten bei langfristiger Abstinenz abnehmen, ist unklar. Die in Deutschland übliche stationäre Langzeitentwöhnungsbehandlung von Patient:innen mit Alkoholabhängigkeit ermöglicht eine längsschnittliche Untersuchung relevanter Variablen über einen mehrmonatigen Zeitraum bei weitgehend gesicherter Abstinenz.

Methoden
In dieser Studie wurden Patient:innen mit Alkoholabhängigkeit während ihrer ca. 3-monatigen stationären Behandlung in einer Rehabilitationsklinik untersucht. Kurz nach Aufnahme in die Klinik, 6 Wochen danach und in den 2 letzten Wochen der Behandlung wurden die Erhebungen durchgeführt. Craving und Impulsivität wurden mit Selbstberichtfragebögen (OCDS-G für Craving, BIS-11 und UPPS für Impulsivität) erhoben; der Attentional Bias und die Inhibitionsfähigkeit wurden mittels Computerexperiment gemessen (Dot–Probe Task und Stop–Signal–Task).

Ergebnisse
130 Patient:innen mit Alkoholabhängigkeit (M = 43.3 Jahre; 78.5% männlich) absolvierten die erste, N = 102 die zweite, and N = 83 die finale Messung. Über die Zeitdauer der Langzeitentwöhnungsbehandlung gab es eine signifikante Reduktion des selbstberichteten Craving (t(83) = 7.8, p < 0.001) sowie der selbstberichteten Impulsivität (UPPS) (t(82) = ?3.75, p < 0.001, t(82) = 4.4, p < 0.001). Die experimentell erhobenen Variablen veränderten sich hingegen nicht signifikant [Attentional Bias (t(82) = 0.16, p = 0.494; Inhibitionsfähigkeit (t(76) = 0.04, p = 0.482)].

Diskussion und Schlussfolgerung
Experimentell untersuchte neuropsychologische Auffälligkeiten bei Alkoholabhängigkeit persistierten in dieser Untersuchung auch bei mehrmonatiger Abstinenz unter stationärer Behandlung. Die signifikante Reduktion von Craving und Impulsivität (auf der Basis von Selbstberichten) könnte durch den geschützten und suchtmittelfreien Raum der Klinik erklärt werden. Über einen mehrmonatigen Zeitraum anhaltende neuropsychologische Auffälligkeiten könnten zum Rückfallrisiko von Patient:innen mit Alkoholabhängigkeit nach Entlassung aus stationärer Behandlung beitragen.

Interessenskonflikte sowie Erklärung zur Finanzierung
Während der letzten 3 Jahre bestanden folgende wirtschaftlichen Vorteile oder persönliche Verbindungen, die die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten: Die Autoren Josef Rabl und Dieter Geyer waren zum Zeitpunkt der Durchführung der Studie bei der Johannesbad Kliniken Fredeburg GmbH beschäftigt. 

Artikel-Details

Zitationsvorschlag

Rabl, J., Geyer, D., Kroll, D., Schifano, F., & Scherbaum, N. (2025). Neuropsychologische Auffälligkeiten von Patient:innen mit Alkoholabhängigkeit im Verlauf einer stationären Entwöhnungsbehandlung. Deutscher Suchtkongress, 2(1), 2244. https://doi.org/10.18416/DSK.2025.2244