Deutscher Suchtkongress
Bd. 2 Nr. 1 (2025): Deutscher Suchtkongress
https://doi.org/10.18416/DSK.2025.2239
Internetbasierte Selbsthilfe für problematisches Glücksspielverhalten und deren Nebenwirkungen: Ergebnisse einer randomisiert kontrollierten Studie
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Abstract
Hintergrund und Fragestellung
Viele Menschen mit problematischem Glücksspielverhalten oder Glücksspielsucht nehmen aufgrund multipler Behandlungsbarrieren keine Behandlung in Anspruch. Es besteht ein Bedarf an alternativen, niedrigschwelligen Therapieangeboten. Die vorliegende Studie untersuchte die Wirksamkeit einer internetbasierten Selbsthilfeintervention zur Reduktion von Glücksspielsymptomen sowie potenzielle Einflussfaktoren auf Behandlungsergebnisse und mögliche Nebenwirkungen.
Methoden
In einer randomisiert-kontrollierten Studie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf wurden insgesamt 243 deutschsprachige Erwachsene mit problematischem Glücksspielverhalten rekrutiert. Die Teilnehmenden wurden zufällig entweder der Interventionsgruppe (n = 119) oder einer Wartekontrollgruppe (n = 124) zugewiesen. Die Interventionsgruppe nutzte über einen Zeitraum von sechs Wochen die internetbasierte Selbsthilfeintervention Neustart und die begleitende Selbsthilfe-Smartphone-App COGITO, welche beide Elemente kognitiver Verhaltenstherapie, metakognitiven Trainings, Akzeptanz- und Commitment-Therapie sowie motivationalem Interviewing aufgreifen. Die Wirksamkeit wurde anhand von Selbstbericht vor Beginn (t0) und sechs Wochen nach Beginn (t1) der Intervention gemessen (primärer Erfolgsparameter: Reduktion der Glücksspielsymptome, gemessen mit der Pathological Gambling Adaptation of the Yale-Brown Obsessive-Compulsive Scale).
Ergebnisse
Die Interventionsgruppe zeigte nach sechs Wochen eine signifikante Reduktion der Glücksspielsymptome und komorbider depressiver Symptome bei mittleren Effektstärken im Vergleich zur Kontrollgruppe. Personen in der Interventionsgruppe mit positiver Behandlungserwartung und schwereren glücksspielspezifischen dysfunktionalen Gedanken und Glücksspielsymptomen, profitierten im Vergleich zur Kontrollgruppe stärker in Bezug auf den primären Erfolgsparameter. Positive Wirkungen wurden häufiger berichtet als negative. Zu den wichtigsten Nebenwirkungen gehörten Gefühle von Stigmatisierung und Schuldzuweisungen für die eigenen Probleme sowie das Empfinden von (Zeit-)druck beim Bearbeiten der Intervention.
Diskussion und Schlussfolgerung
Die positiven Ergebnisse unterstreichen, dass digitale Selbsthilfeangebote eine wertvolle Ergänzung zu bestehenden Therapieformen darstellen, insbesondere für Personen, die bisher keine Behandlung in Anspruch nahmen. Dennoch müssen diese Interventionen sorgfältig ausgearbeitet werden, um den Bedürfnissen der Nutzer gerecht zu werden und unerwünschte Folgen zu minimieren.
Interessenskonflikte sowie Erklärung zur Finanzierung
Während der letzten 3 Jahre bestanden folgende wirtschaftlichen Vorteile oder persönliche Verbindungen, die die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten: Die Automaten-Wirtschaftsverbände Info GmbH hat dem Forschungsbereich von Steffen Moritz außerhalb der eingereichten Arbeit finanzielle Zuwendungen für die Wartung und Weiterentwicklung des Neustart-Onlineprogramms gemacht. Es wurden keine persönlichen Honorare erhalten. Die vorliegende Studie hat keine externe Finanzierung erhalten.