Deutscher Suchtkongress
Bd. 2 Nr. 1 (2025): Deutscher Suchtkongress
https://doi.org/10.18416/DSK.2025.2223
Setting-induced bias: Strukturelle Aspekte von Stigma im Gesundheitssystem
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Abstract
Hintergrund und Fragestellung
Patient:innen mit Substanzabhängigkeiten werden in medizinischen Versorgungsstrukturen stark stigmatisiert, unter anderem im direkten Kontakt mit Behandler:innen. In der Stigmaliteratur werden solche Erfahrungen wechselnd als Ausdrücke von individuellem und strukturellem Stigma beschrieben. Zeitgleich berichten Behandler:innen über Überforderung und Unsicherheiten im Umgang mit dieser vulnerablen Patient:innengruppe, welche wiederum als Erklärungen für negative Meinungen bezeichnet werden. Insofern stellt sich die Frage, ob das aktuelle Stigmakonzept durch den durch die Autor:innen entwickelten Begriff des “Setting-induced bias” erweitert werden kann, um Behandler:innenperspektiven und vor allem die Einflüsse von strukturellen Behandlungsbedingungen auf die Meinungen des medizinischen Personals besser zu verstehen.
Methoden
Es wurde ein narratives Review der Literatur durchgeführt.
Ergebnisse
Behandler:innen berichten oft von schlechten Erfahrungen in der Behandlung von Patient:innen mit Substanzabhängigkeiten, die aus strukturellen Defiziten in der Versorgung resultieren. So können zum Beispiel physische oder personelle Strukturen (e.g. volle Notaufnahmen ohne Rückzugsmöglichkeiten, dünne Besetzung durch Pflegepersonal), fehlende ambulante oder längerfristige Behandlungsperspektiven und fehlendes Wissen von Behandler:innen dazu führen, dass Behandler:innen unnötige Eskalationen, Konflikte und schlechte Outcomes wahrnehmen. Diese können wiederum stigmatisierende Einstellungen aufrechterhalten oder induzieren. Das Konzept „Setting-induced bias“ versucht, ebendiese Wechselwirkung zwischen stigmatisierenden Einstellungen („bias“) und die Erfahrungen die in bestimmten Behandlungssettings aufgrund von unpassenden Behandlungsstrukturen gemacht werden zu beschreiben.
Diskussion und Schlussfolgerung
Der Begriff „Setting-induced bias“ könnte eine hilfreiche Bezeichnung sein, um vor allem die Wichtigkeit von strukturellen Behandlungsaspekten in der Aufrechterhaltung und Induktion von stigmatisierenden Einstellungen hervorzuheben. Insbesondere stellt es einen wichtigen Zwischenschritt zwischen individuellen, interpersonellem und strukturellem Stigma dar. Hieraus können verschiedene Lösungsansätze entwickelt werden, die möglicherweise zu nachhaltigen Verbesserungen der Einstellungen gegenüber Menschen mit Substanzabhängigkeiten führen.
Interessenskonflikte sowie Erklärung zur Finanzierung
Ich bzw. die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, die die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten.