Deutscher Suchtkongress
Bd. 2 Nr. 1 (2025): Deutscher Suchtkongress
https://doi.org/10.18416/DSK.2025.2206

Problematische Internetnutzung: Diagnostische Kriterien und spezifische Interventionen (S17), ID 2206

Inanspruchnahme von Hilfen bei Internetnutzungsstörungen und Bedarfe im Hinblick auf Prävention und Therapie

Hauptsächlicher Artikelinhalt

Benjamin Grehl (Universität zu Lübeck, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie), Gallus Bischof (Universität zu Lübeck, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie), Anja Bischof (Universität zu Lübeck, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie), Hans-Jürgen Rumpf (Universität zu Lübeck, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie)

Abstract

Hintergrund und Fragestellung
Problematische Internetnutzung und Internetnutzungsstörungen wie Computerspielstörung oder Soziale-Netzwerke-Nutzungsstörung stellen eine neue Herausforderung für die Versorgung im Rahmen von Prävention und Intervention dar. Kaum bekannt ist hierbei, welches Inanspruchnahme-Verhalten von Betroffenen vorliegt. Trotz hoher Prävalenzen sind die Raten der Inanspruchnahme von Suchtberatungsstellen und Entwöhnungseinrichtungen sehr gering, die Inanspruchnahme von Präventionsmaßnahmen oder die Nutzung nicht-suchtspezifischer Behandlungsangebote ist bislang nicht bekannt. Das gilt sowohl für klinisch relevante Störungen des Internetnutzungsverhaltens als auch für Frühformen.

Methoden
Es wurde mittels standardisierter Fragebogenverfahren in einer Panel-Stichprobe ermittelt, welche Hilfen bereits von Personen mit problematischer Internetnutzung in Anspruch genommen wurden, welche Inanspruchnahme-Motivation und welche Hemmnisse bestehen. Darüber hinaus wurde erhoben, welche Hilfen insbesondere von Betroffenen als relevant benannt werden und welche Zugänge oder Kontakte zur Zielgruppe als adäquat oder aussichtsreich erscheinen.

Ergebnisse
Insgesamt wurden 5.451 Teilnehmende hinsichtlich problematischer Internetnutzung gescreent, von denen 2.141 screening-positiv waren. Davon ließen sich 865 problematischer Internetnutzung, 634 leichter und 642 moderater oder schwerer Internetnutzungsstörung zuordnen. Als Hemmnisse für die Inanspruchnahme ließen sich mangelndes Problembewusstsein und hohe Zufriedenheit mit der eigenen Internetnutzung identifizieren, was theoretische und praktische Herausforderungen mit sich bringt. Als allgemeine Bedarfe ließen sich Selbsttest, Motivation durch Freunde und Familie und Wissen zu Hilfeangeboten identifizieren. Als Bedarfe an Strukturen des Hilfesystem wurden vor allem Wahrung der Autonomie und Vertraulichkeit genannt. Bei höherem Schweregrad wurden weiterhin vielfältigere Formen der Ansprache und Informationen zu und Profilierung von Hilfen und Unterstützungsangeboten in den sozialen Medien, wie auch Informationen in Rundfunk und Fernsehen, häufiger genannt.

Diskussion und Schlussfolgerung
Die Daten helfen bei der Einschätzung der Versorgungssituation sowie bei der Planung und Entwicklung von Interventions- und Präventionsangeboten. Aufklärung und die Entwicklung eines differenzierten Tools zur Selbsteinschätzung erscheinen als wichtige Maßnahmen. Weiter erscheint die Nutzung von sozialen Medien zur Ansprache von schwer Betroffenen als aussichtsreich.

Interessenskonflikte sowie Erklärung zur Finanzierung
Ich bzw. die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, die die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten.
Erklärung zur Finanzierung: Die zugrunde liegende Studie wurde voll vom Bundesministerium für Gesundheit finanziell gefördert (Förderkennzeichen ZMII2-2524DSM209).

Artikel-Details

Zitationsvorschlag

Grehl, B., Bischof, G., Bischof, A., & Rumpf, H.-J. (2025). Inanspruchnahme von Hilfen bei Internetnutzungsstörungen und Bedarfe im Hinblick auf Prävention und Therapie. Deutscher Suchtkongress, 2(1), 2206. https://doi.org/10.18416/DSK.2025.2206