Deutscher Suchtkongress
Bd. 2 Nr. 1 (2025): Deutscher Suchtkongress
https://doi.org/10.18416/DSK.2025.2195
PIA reloaded: innovative ambulante Methoden zur Vermeidung stationärer Behandlung
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Abstract
Hintergrund und Fragestellung
Eine Hauptzielsetzung psychiatrischer Institutsambulanzen besteht in der Verhinderung bzw. Abkürzung stationärer Behandlungen.
Methoden
Folgende Methoden werden dazu am kbo Isar-Amper-Klinikum angeboten:
1. „Erweitertes Ambulanzkonzept“ (EAK): Gruppen- und milieutherapeutische Angebote: Den Patienten wird ein werktäglich bis zu vierstündiges Programm mit abwechselnd multiprofessionellen Gruppentherapien (Ärzte, Pflege, Psychologen, Sozialpädagogen), Ergo- Musik und Bewegungstherapie sowie Ernährungsberatung angeboten. Milieutherapeutisch wird dabei auch die soziale Interaktion zwischen den Patienten in einem ansprechenden Ambulanzmilieu unterstützt.
2. Ambulanter Alkoholentzug: Mittels eines Screening-Protokolls wird anhand von 16 Aspekten rasch und strukturiert entschieden, ob ein Alkoholentzug auch im ambulanten Setting möglich ist. Dabei sind zurückliegende schwer ausgeprägte Entzüge, hohe Trinkmengen, frühere Delirien und Entzugsanfälle nicht zwingend Ausschlussgründe. Die Patienten werden täglich ärztlich untersucht.
3. Selbständige Atemalkoholkontrolle durch die Patienten: Mittels des persönlichen, mobilen Alkoholmessgerätes „Dräger Companion med“ nehmen die Patienten mehrmals täglich selbständig Atemalkoholmessungen vor. Die Ergebnisse werden, zusammen mit einem „Selfie“ des Patienten, über eine gesicherte Internetressource an die PIA übermittelt. Im Fall von ausbleibenden oder positiven Atemproben werden die Patienten bzw. zuvor vereinbarte Hilfspersonen noch am selben Tag kontaktiert.
4. Einsatz von Disulfiram: Als eines von 22 Zentren im Netzwerk „alkoholaversive Pharmakotherapie“ bietet die PIA besonders hoch rückfallgefährdeten Patienten eine Behandlung mit Disulfiram an, welches dreimal wöchentlich unter persönlicher Supervision eines Therapeuten eingenommen wird.
Ergebnisse
Die Behandlung im EAK wird stark nachgefragt von und jeweils gleichzeitig 10-14 Patienten genutzt. Ein ambulanter Alkoholentzug wurde seit 2021 insgesamt 355 mal komplikationsfrei durchgeführt und 146 mal abgelehnt. Die selbständige Atemalkoholkontrolle wurde seit Anfang 2024 an bislang 28 Patienten erprobt. Die Erwartung, dass damit der Übergang von einer Abstinenzverletzung in einen Rückfall verhindert werden kann erfüllte sich bei der überwiegenden Mehrzahl der Patienten.
Diskussion und Schlussfolgerung
Stationäre Wiederaufnahmen können durch intensivierte und innovative PIA-Behandlung oft abgewendet werden.
Interessenskonflikte sowie Erklärung zur Finanzierung
Während der letzten 3 Jahre bestanden folgende wirtschaftlichen Vorteile oder persönliche Verbindungen, die die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten: Ulrich Zimmermann erhielt Beratungs- bzw. Vortragshonorare von den Firmen Axunio Pharma und Takeda Pharma. Die übrigen Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, die die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten.
Erklärung zur Finanzierung: Das Projekt wurde gefördert von der Firma Drägerwerk AG & Co. KGaA, Lübeck, indem die verwendeten Alkoholmessgeräte „Dräger Companion med“ unentgeltlich zur Verfügung gestellt wurden. Darüber hinaus erfolgte die Finanzierung ausschließlich aus Eigenmitteln des Arbeitgebers.