Deutscher Suchtkongress
Bd. 2 Nr. 1 (2025): Deutscher Suchtkongress
https://doi.org/10.18416/DSK.2025.2170
Ein Stepped-Care-Ansatz zur Behandlung von Internetnutzungsstörungen: Ergebnisse der randomisiert-kontrollierten SCAVIS-Studie
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Abstract
Hintergrund und Fragestellung
Unter dem Begriff der Internetnutzungsstörungen subsumieren sich riskante Nutzungsmuster bis hin zu ausgeprägten Problemen von klinischer Relevanz. Das Angebot für die verschiedenen Ausprägungen internetbezogener Probleme ist bislang beschränkt auf schwerwiegende Auswirkungen. Im Sinne der indizierten Prävention und Frühintervention ist es jedoch notwendig, auch frühe Formen von Internetnutzungsstörungen bedarfsorientiert im Sinne eines Stepped-Care Ansatzes zu adressieren, um schwerwiegenden Problemen frühzeitig entgegentreten zu können.
Methoden
Die Studie "Stepped Care Ansatz zur Versorgung Internetbezogener Störungen (SCAVIS)" entwickelte und evaluierte in einem randomisiert kontrollierten Studiendesign ein umfassendes Versorgungssystem, das eine vierwöchige App-basierte Intervention, zwei telefonische Kurzinterventionen und eine verhaltenstherapeutische Online-Therapie umfasste. Die Kontrollgruppe erhielt Zugang zu einer App-basierten nicht-interaktiven Informationsvermittlung. Die Rekrutierungsmaßnahmen umfassten Aufrufe in Betrieben, Universitäten, beruflichen Schulen und über Pressearbeit sowie eine Online-Strategie über Influencer:innen, Soziale Medien und Internet-Anzeigen. Nach sechs Monaten wurde online ein Follow-Up durchgeführt.
Ergebnisse
Insgesamt konnten 6.692 Teilnehmende gescreent werden, von denen 1.240 screening-positiv waren und ihre Einwilligung zur Studienteilnahme gaben. Von diesen konnten 486 der Interventions- und 479 der Kontrollgruppe zugeteilt werden. Für die Analysen wurden die Daten von 584 Teilnehmenden, für die Daten der Nachuntersuchung vorlagen (60,5%), verwendet. Die Intervention erwies sich als wirksam: Im Vergleich zur Interventionsgruppe wies die Kontrollgruppe eine um 2,5fach (97,5%-KI [1,75; 3,45]) erhöhte Wahrscheinlichkeit auf, im Follow-Up eine höhere Anzahl an DSM-5 Kriterien zu erfüllen und eine 2,3fach (97,5%-KI [1,66; 3,30]) erhöhte Wahrscheinlichkeit für eine höhere Anzahl an ICD-11 Kriterien. Auch zeigte die Interventionsgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe einen signifikant stärkeren Rückgang der Beeinträchtigungen im Alltag (95%-KI: [-1,81; -0,64]), gemessen mit Items der WHO-Disability Scale 2.0.
Diskussion und Schlussfolgerung
Insgesamt wurde mit SCAVIS erstmals ein Stepped-Care Ansatz für Internetnutzungsstörungen mit Anpassung an die Schwere der Problematik untersucht. Es kann geschlussfolgert werden, dass der Stepped-Care Ansatz wirksam Merkmale einer Internetnutzungsstörung und begleitende Beeinträchtigungen reduziert sowie die Gesamtpopulation der Zielgruppe erreicht.
Interessenskonflikte sowie Erklärung zur Finanzierung
Ich bzw. die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, die die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten.
Erklärung zur Finanzierung: Die zugrunde liegende Studie wurde voll vom Bundesministerium für Gesundheit finanziell gefördert (Förderkennzeichen ZMVI5-2514DSM208).