Deutscher Suchtkongress
Bd. 2 Nr. 1 (2025): Deutscher Suchtkongress
https://doi.org/10.18416/DSK.2025.2160

Innovative Ansätze zur Behandlung alkoholbezogener Störungen: Aktuelle Befunde zur Wirksamkeit von Ecological Momentary Interventions, Mindfullness-basierter Interventionen, real-time Neurofeedback, Oxytocin und Cannabidiol (S37), ID 2160

Oxytocin und Cannabidiol als Behandlungsoptionen der Alkoholabhängigkeit

Hauptsächlicher Artikelinhalt

Sina Vetter (Klinik für Abhängiges Verhalten und Suchtmedizin, Zentralinstitut für Seelische Gesundheit), Julia Weinberg (Klinik für Abhängiges Verhalten und Suchtmedizin, Zentralinstitut für Seelische Gesundheit), Manuel Stenger (Klinik für Abhängiges Verhalten und Suchtmedizin, Zentralinstitut für Seelische Gesundheit), Marlen Pfisterer (Klinik für Abhängiges Verhalten und Suchtmedizin, Zentralinstitut für Seelische Gesundheit), Samuel Kilian (Institut für Medizinische Biometrie, Universitätsklinikum Heidelberg), Bettina Thomas (Koordinierungszentrum für klinische Studien (KKS), Universitätsklinikum Heidelberg), Anne Koopmann (Klinik für Abhängiges Verhalten und Suchtmedizin, Zentralinstitut für Seelische Gesundheit), Bernd Lenz (Klinik für Abhängiges Verhalten und Suchtmedizin, Zentralinstitut für Seelische Gesundheit), Falk Kiefer (Klinik für Abhängiges Verhalten und Suchtmedizin, Zentralinstitut für Seelische Gesundheit), Patrick Bach (Klinik für Abhängiges Verhalten und Suchtmedizin, Zentralinstitut für Seelische Gesundheit)

Abstract

Hintergrund und Fragestellung
Bisher zugelassene Medikamente wie Naltrexon verringern das Alkoholverlangen und Rückfälle nur geringfügig. Studien zufolge könnte die Gabe von Oxytocin (OXY) oder Cannabidiol (CBD) Suchtverlangen, die Alkohol-Reizreaktivität und Stressreaktivität reduzieren. Ziel der ersten Studie war es, die kombinierte Wirkung von OXY und Naltrexon zu untersuchen. In der zweiten Studie wurde erstmals der Effekt von CBD auf die neuronale Reizreaktivität im Nucleus Accumbens (NAc) und auf das Alkoholverlangen untersucht.

Methoden
Beide Studien wurden als randomisierte, doppelblinde Parallelgruppenstudien durchgeführt. In Studie 1 erhielten N=62 Patienten mit Alkoholabhängigkeit an zwei aufeinanderfolgenden Tagen je 24 I.E. OXY oder ein Placebo (PLC) zusätzlich zu 50mg Naltrexon. In Studie 2 wurden N=28 Personen mit Alkoholkonsumstörung einmal 800mg CBD oder ein PLC verabreicht. Alle Studienteilnehmer:innen durchliefen eine kombinierte Alkoholreizexpositions- und Stressinduktionsaufgabe sowie eine Untersuchung mittels funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRT).

Ergebnisse
Die OXY- und PLC-Gruppen unterschieden sich nicht im Alkoholverlangen nach der Alkoholreizexpositions- und Stressinduktionsaufgabe (MOXY= 19.2, SDOXY= 11.6, MPLC= 20.2, SDPLC= 15.2; Schätzer: 0.4826, 95%CI: 0.3383–0.6269; p =.813). Natürliche Belohnungsreize wurden in der OXY-Gruppe als aufregender (MOXY= 71.1, SDOXY= 22.3, MPLC= 47.7, SDPLC= 31.0; Schätzer: 0.6951, 95%CI: 0.5287–0.8615; p =.022) bewertet, während bei den Alkoholreizen kein Gruppenunterschied vorlag. Die OXY-Gruppe zeigte zudem eine höhere Aktivierung bei Alkoholreizen im Bereich des Frontallappens (t(37) = 5.11, pFWE =.007). Die CBD-Gruppe zeigte eine Reduktion der bilateralen reizinduzierten NAc Aktivierung (tNAc_links(23)=4.906, p<0.001, d=1.15; tNAc_rechts (23)=4.873, p<0.001, d=1.13) und berichtete signifikant geringeres Alkoholverlangen nach der Alkoholreizexpositions- und Stressinduktionsaufgabe (FGruppe(1,26)=4.516, p=0.043, eta2=0.15) und während der Betrachtung von Alkoholstimuli im fMRT (FGruppe(1,24)=6.665, p=0.015, eta2=0.23).

Diskussion und Schlussfolgerung
OXY führte zu keiner klinisch relevanten Reduktion des Alkoholverlangens. Die Ergebnisse deuten jedoch auf eine Erhöhung der inhibitorischen Kontrolle und eine erhöhte Sensibilität für alternative Belohnungsreize hin. CBD führte zur Reduktion der NAc Aktivierung und des Alkoholverlangens und liefert somit erste Hinweise für das Potenzial von CBD zur Behandlung der Alkoholkonsumstörung.

Interessenskonflikte sowie Erklärung zur Finanzierung
Ich bzw. die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, die die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten.
Erklärung zur Finanzierung: Finanzierung der Oxytocin-Studie durch das BMBF (Förderkennzeichen: 01KG2025); Finanzierung der CBD-Studie durch die Hetzler-Stiftung.

Artikel-Details

Zitationsvorschlag

Vetter, S., Weinberg, J., Stenger, M., Pfisterer, M., Kilian, S., Thomas, B., … Bach, P. (2025). Oxytocin und Cannabidiol als Behandlungsoptionen der Alkoholabhängigkeit. Deutscher Suchtkongress, 2(1), 2160. https://doi.org/10.18416/DSK.2025.2160