Deutscher Suchtkongress
Bd. 2 Nr. 1 (2025): Deutscher Suchtkongress
https://doi.org/10.18416/DSK.2025.2152
Entwicklung und Validierung einer Virtuellen Expositionstherapie bei Alkoholabhängigkeit
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Abstract
Hintergrund und Fragestellung
Alkoholkonsumstörungen (Alcohol Use Disorder, AUD), insbesondere mit mittelschwerer bis schwerer Symptomlast, sind durch einen langwierigen Krankheitsverlauf und hohe Rückfallquoten von bis zu 85 % auch nach Therapie gekennzeichnet. Craving, ausgelöst durch suchtassoziierte Reize, ist dabei ein wichtiger Rückfallprädiktor. Die Reizexpositionstherapie (Cue Exposure Therapy, CET) zielt darauf ab, das Craving durch wiederholte Exposition gegenüber alkoholassoziierten Reizen zu reduzieren. Durch die Integration neuer Technologien wie Virtual Reality (VR) können Risiko-Situationen (für einen Konsumrückfall) lebensnah simuliert werden.
Methoden
In einer Machbarkeitsstudie absolvierte eine Gruppe von Patient:innen mit AUD in stationärer Rehabilitationsbehandlung eine VR-Cue-Exposure-Sitzung (VR-CE) mit alkoholassoziierten Stimuli. Gemessen wurden das subjektive Craving vor, während und nach der Exposition, affektive Zustände, VR-Nebenwirkungen wie Cybersickness und das Gefühl der Präsenz in der VR. In einer weiteren Stichprobe von Patient:innen mit AUD wurden neben subjektiven Messungen von Craving zusätzlich physiologische Reaktionen (elektrodermale Aktivität (EDA), Herzfrequenz (Variabilität) (HR(V)), helligkeitskorrigierter Pupillendurchmesser (BCPD), Atmung) erhoben.
Ergebnisse
Das Craving-Niveau während und direkt nach der VR-CE war deutlich höher als vor der Intervention. Die Patient:innen beschrieben ein Gefühl der Präsenz und nur leichte Symptome der Cybersickness. Des Weiteren zeigten sich auch signifikante Reaktionen bei EDA, BCPD und Atmung, allerdings nicht bei HR(V) während alkoholassoziierter VR-Szenarien.
Diskussion und Schlussfolgerung
Diese vorläufigen Ergebnisse zeigen, dass die Exposition gegenüber alkoholassoziierten VR-Umgebungen Craving erzeugen kann und dass dieses sowohl subjektiv als auch durch objektive Messungen nachweisbar ist. Des Weiteren zeigte sich eine hohe Verträglichkeit der VR-CE. Diese vielversprechenden Ergebnisse können zur weiteren Entwicklung und zukünftigen Erforschung von therapeutischen VR-CE-Ansätzen beitragen.
Interessenskonflikte sowie Erklärung zur Finanzierung
Ich bzw. die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, die die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten. Nikolaos Tsamitros, Alva Lütt, Stefan Gutwinski und Anne Beck kooperieren mit der neomento GmbH ohne finanzielle Interessen bei der Entwicklung der VR-Software, entwickelt und unterstützt vom Berlin Institute of Health (Digital Health Accelerator Program) und der Charité - Universitätsmedizin Berlin. Dr. med. Alva Lütt wird durch das BIH Charité Junior Digital Clinician Scientist Program von der Charité – Universitätsmedizin Berlin und dem Berlin Institute of Health at Charité (BIH) gefördert.
Erklärung zur Finanzierung: Die Entwicklung der VR-Software wurde vom Berlin Institute of Health (BIH) und der Charité - Universitätsmedizin Berlin gefördert. Das BIH stellte Finanzierung von Forschungsfreistellung für Nikolaos Tsamitros, Alva Lütt, Stefan Gutwinski zur Verfügung und finanzierte teilweise die Hardware. Dieses Projekt wurde ebenso von der Sonnenfeld Stiftung unterstützt und zum Teil von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG: Projekt-ID 402170461 - TRR 265 und dem Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA: Projekt-ID 01NVF22102 gefördert (Anne Beck).