Deutscher Suchtkongress
Bd. 2 Nr. 1 (2025): Deutscher Suchtkongress
https://doi.org/10.18416/DSK.2025.2151
Take-Home Naloxon für Opioidabhängige: welche Evidenz gibt es dafür eigentlich?
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Abstract
Hintergrund und Fragestellung
2023 stieg in Deutschland die Zahl der Drogentoten im Vergleich zum Vorjahr um 12% auf einen neuen Höchststand von 2.227. Etwa 60 % der Todesfälle stehen im Zusammenhang mit dem Konsum von Opioiden. Es stellt sich die Frage, welche Evidenz es weltweit gibt, dass Take-Home-Naloxon (THN) für Opioidabhängige die Mortalität tatsächlich senken kann.
Methoden
Es erfolgte eine selektive Literaturrecherche in PubMed.
Ergebnisse
Es konnten 7 Beobachtungsstudien eingeschlossen werrden, die die Mortalität von Menschen mit Opioidabhängigkeit im Zusammenhang mit THN untersuchten. Somit ist die vorhandene Evidenz für diese Intervention niedrig. Die vorhandenen Studien weisen auf eine Reduktion der Mortalität durch THN hin, aber nicht immer wird eine signifikante Reduktion der Zahl der Drogentoten erreicht. Eine Metaanalyse von 9 Beobachtungsstudien kam zu dem Ergebnis, dass 9,2 % (95-%-Konfidenzintervall: [5,2; 13,1]) der THN-Kits innerhalb der ersten 3 Monate zur Behandlung einer Opioidüberdosierung eingesetzt wurden. In einer kanadischen Untersuchung wurden jedoch 43 % [41; 45] der innerhalb von 8 Jahren ausgegebenen Naloxon-Kits bei einer Überdosierung angewendet. Somit könnte der THN-Gebrauch bislang systematisch unterschätzt worden sein.
Diskussion und Schlussfolgerung
Die Effektivität von THN nachzuweisen, ist aufgrund des Forschungsgegenstands nur eingeschränkt möglich, da sich randomisiert kontrollierte Studien verbieten. Auf Grundlage der derzeitigen Studienlage kann von einer reduzierten Mortalität bei Menschen mit Opioidabhängigkeit durch die Vergabe von THN ausgegangen werden. Bisher konnten in Deutschland nur schätzungsweise 1,3 % der Opioidabhängigen mit THN ausgestattet werden. Eine deutliche Ausweitung der Verbreitung und des Einsatzes von THN könnte zu einem Rückgang der opiodbedingten Todesfälle beitragen.
Interessenskonflikte sowie Erklärung zur Finanzierung
Während der letzten 3 Jahre bestanden folgende wirtschaftlichen Vorteile oder persönliche Verbindungen, die die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten: Simon Fleißner: Finanziell unterstützt durch den DAAD mit Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ).
Norbert Wodarz: BayTHN gefördert durch das Bay.StMGP