Deutscher Suchtkongress
Bd. 2 Nr. 1 (2025): Deutscher Suchtkongress
https://doi.org/10.18416/DSK.2025.2149
Achtsamkeitsbasierte Interventionen und Neuromodulation: Neue Ansätze in der Behandlung von Alkoholgebrauchsstörungen
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Abstract
Hintergrund und Fragestellung
Im Zusammenhang mit Alkoholgebrauchsstörungen (alcohol use disorder, AUD) wird starkes Craving sowie erneuter Konsum (Rückfall) häufig mit einer erhöhten Reaktivität auf konditionierte, suchtbezogene Hinweise in Verbindung gebracht. Achtsamkeitsbasierte Interventionen (mindfulness-based interventions, MBI), wie die achtsamkeitsbasierte Rückfallprävention (mindfulness-based relapse prevention, MBRP), bieten eine vielversprechende Möglichkeit, diese Reaktivität zu verringern. Dabei wird eine Verbesserung der Verhaltenskontrolle als wichtiger Wirkmechanismus angenommen.
Methoden
Während der ersten Förderperiode des Sonderforschungsbereichs TRR265 wurde eine achtsamkeitsbasierte Intervention eingesetzt, um systematisch den Einfluss konditionierter Reize auf instrumentelles Verhalten zu beeinflussen und die kognitive Kontrolle zu stärken. Aufbauend darauf liegt der Fokus der zweiten Förderphase auf einer weiteren Steigerung der kognitiven Kontrolle durch Achtsamkeit, unterstützt durch Neuromodulation. Dabei konzentrieren wir uns zum einen auf die transkutane Vagusnervstimulation (tVNS) und zum anderen auf eine innovative transkranielle Wechselstromstimulation mit geschlossenem Regelkreis (sogenannte CLAM-tACS) als Zusatzbehandlung zu einem MBRP bei entgifteten Patient:innen mit AUD.
Ergebnisse
Eine ultrakurze Achtsamkeitsmeditation (Bodyscan) verringerte bei Studienteilnehmer:innen mit AUD den Einfluss von konditionierten Reizen auf instrumentelles Verhalten (sogenannter Pavlovian-to-Instrumental Transfer). Im Einklang mit der Annahme, dass Achtsamkeit über Kontrollprozesse wirkt, zeigte sich zudem eine erhöhte funktionelle Konnektivität zwischen dem anterioren cingulären Cortex (ACC) und präfrontalen Regionen des Kontrollnetzwerks, die mit der Regulation von Verhalten in Verbindung stehen. Zusätzlich sollen erste Ergebnisse der neuromodulatorischen Effekte präsentiert werden.
Diskussion und Schlussfolgerung
Während traditionelle Therapien wie die kognitive Verhaltenstherapie häufig bei Suchterkrankungen eingesetzt werden, haben sich in den letzten Jahren achtsamkeitsbasierte Interventionen als vielversprechende Ansätze erwiesen. Diese Therapieansätze legen den Fokus auf das bewusste Erleben des „gegenwärtigen Moments“ und zielen darauf ab, automatisierte Verhaltensmuster zu verändern. Unsere Daten weisen darauf hin, dass kognitive Kontrolle hier ein wichtiger Wirkmechanismus sein könnte. Neuromodulationstechniken bieten darüber hinaus die Möglichkeit, gezielt neurophysiologische Mechanismen zu modulieren, die mit Verhaltenskontrolle assoziiert sind, was neue Wege eröffnet, um die Verhaltenskontrolle bei AUD zu verbessern.
Interessenskonflikte sowie Erklärung zur Finanzierung
Ich bzw. die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, die die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten.
Erklärung zur Finanzierung: Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG): Projekt-ID 402170461 – TRR 265