Deutscher Suchtkongress
Bd. 2 Nr. 1 (2025): Deutscher Suchtkongress
https://doi.org/10.18416/DSK.2025.2125

Familie und Sucht - Bedarfe und Strategien (S22), ID 2125

Beratungsanliegen Angehöriger von Menschen mit Suchterkrankung: Auswertung eines Online-Chats

Hauptsächlicher Artikelinhalt

Anja Bischof (Universität zu Lübeck, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie), Gallus Bischof (Universität zu Lübeck, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie)

Abstract

Hintergrund und Fragestellung
Mitbetroffene Angehörige von Menschen mit Suchterkrankung berichten über hohe Belastungen und werden vom Behandlungssystem nicht ausreichend versorgt. Die meisten Studien, die sich mit den Bedürfnissen dieser Gruppe befassen, sind durch kleine Stichprobengrößen eingeschränkt und beziehen meist Angehörige ein, die sich bereits im Behandlungssystem befinden oder freiwillig an der Forschung teilnehmen. Über die Bedürfnisse von Angehörigen in weniger ausgewählten Stichproben ist wenig bekannt. Diese Informationen könnten nützlich sein, um eine auf die Bedürfnisse von Angehörigen zugeschnittene Unterstützung zu entwickeln.

Methoden
Im Anschluss an einen öffentlich angekündigten Fernsehbeitrag zum Thema „Alkoholismus und Co-Abhängigkeit: Die Verbündeten der Sucht“ (Sendetermin 26. Oktober 2016) wurde eine Stunde lang eine anonyme Chatfunktion angeboten, in der die Zuschauer:innen Fragen stellen und Rat suchen konnten. Die vollständigen Chat-Protokolle wurden von der Sendeanstalt zu Forschungszwecken zur Verfügung gestellt. Zwei wissenschaftliche Mitarbeitende aus dem Studienprojekt „Belastungen und Perspektiven von Angehörigen suchtkranker Menschen (BEPAS)“ haben die Beiträge unabhängig voneinander kategorisiert und bewertet. Unstimmigkeiten zwischen den Bewertungen wurden durch Diskussion ausgeräumt.

Ergebnisse
Insgesamt 547 Anfragen wurden in 476 Chat-Beiträgen von Angehörigen innerhalb einer Stunde geäußert. Die häufigste Anfrage war die nach Unterstützung in Form von konkreten Verhaltensratschlägen. 307 Anliegen wurden dieser Kategorie zugeordnet. In 152 Fällen baten Angehörige um allgemeine Informationen zum Thema Sucht und Angehörige. Fragen zu bestehenden Unterstützungsangeboten wurden in 72 Chatbeiträgen gestellt.

Diskussion und Schlussfolgerung
Die anonyme Chatfunktion schien eine attraktive Option für Angehörige zu sein und wurde in einem begrenzten Zeitrahmen von einer großen Zahl von Personen genutzt. Die Daten unterstreichen den ungedeckten Bedarf an Unterstützung für Angehörige in der Allgemeinbevölkerung. Es sind dringend verstärkte Anstrengungen erforderlich, um Unterstützungsangebote besser zugänglich und bekannter zu machen, damit sie auch Menschen ohne bestehende Kontakte zum Hilfesystem erreichen.

Interessenskonflikte sowie Erklärung zur Finanzierung
Ich bzw. die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, die die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten.
Erklärung zur Finanzierung: Die zugrunde liegende Studie wurde voll vom Bundesministerium für Gesundheit finanziell gefördert (Förderkennzeichen ZMVI5-2514DSM208).

Artikel-Details

Zitationsvorschlag

Bischof, A., & Bischof, G. (2025). Beratungsanliegen Angehöriger von Menschen mit Suchterkrankung: Auswertung eines Online-Chats. Deutscher Suchtkongress, 2(1), 2125. https://doi.org/10.18416/DSK.2025.2125