Deutscher Suchtkongress
Bd. 2 Nr. 1 (2025): Deutscher Suchtkongress
https://doi.org/10.18416/DSK.2025.2122
Zwischen Verantwortung und Empathie: Haltungen von Behandler:innen gegenüber Patient:innen mit äthyltoxischer Leberzirrhose und Transplantationsindikation - Eine Reflexive Thematic Analysis
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Abstract
Hintergrund und Fragestellung
Patient:innen mit äthyltoxischer Leberzirrhose und Transplantationsindikation stehen vor besonderen medizinischen und psychosozialen Herausforderungen. Neben einer komplexen Krankheitsdynamik bestehen spezifische rechtliche und institutionelle Vorgaben – insbesondere im Hinblick auf den Abstinenznachweis –, die in der Betreuungspraxis zu Spannungsfeldern führen können. Internationale Forschung weist darauf hin, dass stigmatisierende Vorstellungen die Qualität der Versorgung beeinflussen können. Die James Lind Alliance identifizierte daher 2016 in ihrer Priority Setting Partnership für alkoholbedingte Lebererkrankungen die Frage, ob Einstellungen von Behandler:innen bezüglich einer vermeintlich selbstverursachten Krankheit die Versorgung diesen Patient:innen beeinflusst, als zentrale Forschungslücke. Ziel dieser Studie ist daher die Untersuchung von Faktoren, die Einfluss auf die Haltung der Behandler:innen gegenüber dieser Gruppe haben.
Methoden
Die Studie nutzte 11 semi-strukturierte Interviews mit Behandler:innen aus 10 LTX-Zentren als Datenquelle. Die Daten wurden mittels Reflexive Thematic Analysis nach Clarke & Braun ausgewertet. Die Analyse erfolgte in einem interdisziplinären Team aus verschiedenen Institutionen, was durch den kontinuierlichen Austausch multipler Perspektiven die reflexive Auseinandersetzung mit den Daten besonders stärkte.
Ergebnisse
Erste Ergebnisse zeigten ein komplexes Zusammenspiel individueller, institutioneller und struktureller Einflussfaktoren auf die Haltung gegenüber dieser Patient:innengruppe. Die identifizierten Themen umfassten unter anderem professionelle Rollenvorstellungen, den Umgang mit emotionaler Belastung, Behandlungspraxis und institutionelle Rahmenbedingungen, sowie Konzepte von Sucht, Verantwortung und Beziehungsgestaltung mit Patient:innen und Angehörigen. Das Spannungsfelder zwischen Hilfewunsch, Machtausübung und prognostischer Unsicherheit scheint ebenfalls Einfluss die Haltung zu haben.
Diskussion und Schlussfolgerung
Die gefundenen Einflussfaktoren auf die Haltung der einzelnen Behandlerinnen können Interaktion mit Patient:innen, Angehörigen und weiteren Behandler:innen prägen und implizit Entscheidungsprozesse beeinflussen. Ein vertieftes Verständnis dieser Einflussfaktoren kann dazu beitragen, unbewusste Verzerrungen im professionellen Handeln zu identifizieren. Die Ergebnisse könnte genutzt werden, um Schulungsmaterial zu entwickeln, das dazu dient, die Reflektion der eigenen Haltung und eines möglichen Einflusses auf die Behandlungsqualität im Kontext der Betreuung mit Patient:innen mit äthyltoxischer Leberzirrhose und Indikation zur Transplantation anzuregen.
Interessenskonflikte sowie Erklärung zur Finanzierung
Ich bzw. die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, die die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten.