Deutscher Suchtkongress
Bd. 1 Nr. 1 (2023): Deutscher Suchtkongress
https://doi.org/10.18416/DSK.2023.1075

FOR2974: Reizreaktivität und Entscheidungsfindung bei spezifischen Internetnutzungsstörungen (S56)

Reizreaktivität auf distale Cues bei Personen in frühen Stadien einer Computerspielstörung

Hauptsächlicher Artikelinhalt

Martin Diers (LWL-Universitätsklinikum der Ruhr-Universität Bochum, Bochum), Silke M. Müller (Center for Behavioral Addiction Research (CeBAR), Universität Duisburg-Essen, Duisburg; Erwin L. Hahn Institute for Magnetic Resonance Imaging (ELH), Essen), Lukas Mallon (LWL-Universitätsklinikum der Ruhr-Universität Bochum, Bochum), Anna M. Schmid (Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Bamberg), Tobias A. Thomas (Medizinische Hochschule Hannover, Hannover), Lena Klein (Center for Behavioral Addiction Research (CeBAR), Universität Duisburg-Essen, Duisburg)

Abstract

Hintergrund und Fragestellung
Die Computerspielstörung stellt einen Phänotyp der ICD-11-Kategorie „Störungen Aufgrund von Suchtverhalten“ dar. Reizreaktivität und Craving sind relevante Mechanismen bei der Entwicklung und Aufrechterhaltung von Suchtverhalten. Personen mit einer höheren Symptomschwere zeigen eine erhöhte Reizreaktivität, wenn sie mit Cues konfrontiert werden, die Ausschnitte aus Spielen (proximale Cues) zeigen. Basierend auf Konditionierungs- und Suchttheorien zur incentive sensitization könnte sich Reizreaktivität auf distale Cues (z.B. Startseite eines Online-Spiels) generalisieren. In Reizreaktivität-Paradigmen wurden bisher nur proximale Computerspiel-Cues verwendet.


Methoden
Wir untersuchten die Wirkung distaler Computerspiel-Cues im Vergleich zu spielunabhängigen Kontroll-Cues bei 88 Personen mit unproblematischer Nutzung von Online-Spielen und 69 Personen in der frühen Phase der Entwicklung einer Computerspielstörung. Die distalen Cues zeigten die Verwendung eines elektronischen Geräts (z. B. Desktop-PC oder Smartphone), dessen Bildschirm entweder die Startseiten von Spielen (Ziel-Cues) oder Einkaufs- beziehungsweise Pornoseiten (Kontroll-Cues) aus der Ich-Perspektive zeigte.


Ergebnisse
Personen in der frühen Phase der Entwicklung einer Computerspielstörung wiesen im Vergleich zu unproblematischen Nutzern signifikant höhere Verlangen (urge)- und Erregungsbewertungen (arousal) sowie längere Betrachtungszeiten für spielbezogene Ziel-Cues im Vergleich zu spielunabhängigen Kontroll-Cues auf.


Diskussion und Schlussfolgerung
Die Ergebnisse zeigen, dass bereits distale spielspezifische Cues zu Reizreaktivität und Craving bei Personen mit dem Risiko eine Computerspielstörung zu entwickeln führen kann. Dieser Befund weist darauf hin, dass sich Reizreaktivität und Craving im Verlauf einer Computerspielstörung entwickeln und sich auf Cues verallgemeinern kann, die nur mäßig mit der spezifischen Spielaktivität zusammenhängen.


Offenlegung von Interessenskonflikten sowie Förderungen
Ich und die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, die die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten.


Erklärung zur Finanzierung: DFG (ACSID, FOR2974, Projekt-Nr.: 411232260)

Artikel-Details

Zitationsvorschlag

Diers, M., Müller, S. M., Mallon, L., Schmid, A. M. ., Thomas, T. A. ., & Klein, L. (2023). Reizreaktivität auf distale Cues bei Personen in frühen Stadien einer Computerspielstörung. Deutscher Suchtkongress, 1(1). https://doi.org/10.18416/DSK.2023.1075