Deutscher Suchtkongress
Bd. 1 Nr. 1 (2023): Deutscher Suchtkongress
https://doi.org/10.18416/DSK.2023.1073

FOR2974: Reizreaktivität und Entscheidungsfindung bei spezifischen Internetnutzungsstörungen (S56)

Konditionierung von suchtrelevanten Reizen in frühen Stadien der Entwicklung einer Computerspielstörung und Störung des Kaufverhaltens

Hauptsächlicher Artikelinhalt

Anna M. Schmid (Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Bamberg), Tobias A. Thomas (Medizinische Hochschule Hannover, Hannover), Astrid Müller (Medizinische Hochschule Hannover, Hannover), Sabine Steins-Löber (Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Bamberg)

Abstract

Hintergrund und Fragestellung
Konditionierungsprozessen wird eine wichtige Rolle bei der Entstehung und Aufrechterhaltung von substanz- und nichtsubstanzbezogenen Süchten zugeschrieben. Reize, die mit dem Suchtverhalten verknüpft sind, können Verlangen auslösen und die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass das Suchtverhalten ausgeführt wird. Ob und wie schnell Assoziationen zwischen neutralen und belohnungsbezogenen Reizen erlernt werden, scheint interindividuell zu variieren. Es wurde die Frage untersucht, welche individuellen Merkmale eine solche Konditionierung beeinflussen und ob im Laufe einer Suchtentwicklung suchtrelevante Reize schneller und leichter konditioniert werden.


Methoden
Eine Gruppe mit riskanter Nutzung von Online-Gaming (aktuell n=58), eine Gruppe mit riskanter Nutzung von Shopping-Anwendungen (aktuell n=46) sowie zwei hinsichtlich Alter und Geschlecht gematchte Kontrollgruppen (aktuell jeweils n=54) absolvieren das Pavlovian-Instrumental-Transfer (PIT) Paradigma. In der Pavlovschen Phase des Paradigmas findet eine systematische Assoziation abstrakter Stimuli (CS) mit gaming- bzw. shoppingbezogenen Stimuli (UCS) statt. Erfasst wird die Konditionierung anhand des Wissens um die experimentellen Kontingenzen und der emotionalen Bewertung der konditionierten Stimuli. Als potentielle Prädiktoren werden neben der Ausprägung riskanter Gaming- bzw. Shoppingnutzung kognitive Fähigkeiten und Stress berücksichtigt.


Ergebnisse
Die bisherigen Auswertungen zeigten, dass die Stärke des problematischen Shoppingverhaltens ein signifikanter Prädiktor dafür war, ob eine Konditionierung erfolgte und wie stark die konditionierte Reaktion ausfiel. Für problematische Gamingnutzung fanden sich diese Zusammenhänge nicht. Auch die emotionale Bewertung der abstrakten Stimuli änderte sich durch die Konditionierung, wobei sich keine signifikanten Gruppenunterschiede zeigten.


Diskussion und Schlussfolgerung
Erste Ergebnisse unserer Studie deuten darauf hin, dass eine Konditionierung shoppingbezogener Reize umso leichter erfolgt, je stärker eine problematische Shoppingnutzung ausgeprägt ist. Zukünftige Studien könnten untersuchen, ob sich die Zusammenhänge in klinischen Stichproben replizieren lassen. Der Bedeutung von Konditionierungsprozessen sollte auch in der Therapie Rechnung getragen werden, indem z.B. bei einer Cue Exposure Therapie oder einem computergestützten Training suchtassoziierte Reize und Situationen berücksichtigt werden.


Offenlegung von Interessenskonflikten sowie Förderungen
Ich und die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, die die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten.


Erklärung zur Finanzierung: DFG (ACSID, FOR2974, Projekt-Nr.: 411232260)

Artikel-Details

Zitationsvorschlag

Schmid, A. M., Thomas, T. A., Müller, A., & Steins-Löber, S. (2023). Konditionierung von suchtrelevanten Reizen in frühen Stadien der Entwicklung einer Computerspielstörung und Störung des Kaufverhaltens. Deutscher Suchtkongress, 1(1). https://doi.org/10.18416/DSK.2023.1073