Deutscher Suchtkongress
Bd. 1 Nr. 1 (2023): Deutscher Suchtkongress
https://doi.org/10.18416/DSK.2023.1044

Screening-Instrumente bei Internetnutzungsstörungen: Befunde zu psychometrischen Eigenschaften, kombinierter Erfassung verschiedener Störungsbilder und klinischer Validierung (S48)

Validierung der Compulsive Internet Use Scale anhand eines klinischen Interviews

Hauptsächlicher Artikelinhalt

Hannah Jörren (Universität zu Lübeck, Lübeck), Lisa Hohls (Universität zu Lübeck, Lübeck), Dominique Brandt (Universität zu Lübeck, Lübeck), Gallus Bischof (Universität zu Lübeck, Lübeck), Hans-Jürgen Rumpf (Universität zu Lübeck, Lübeck)

Abstract

Hintergrund und Fragestellung
Obwohl epidemiologische Studien von einer hohen Prävalenz pathologischer Internetnutzung ausgehen, nimmt nur ein geringer Teil der Betroffenen Hilfsangebote in Anspruch. Mittels systematischer Screeningverfahren können Betroffene frühzeitig erreicht werden. Ein international verbreitetes Verfahren ist die Compulsive Internet Use Scale (CIUS), die gute psychometrische Eigenschaften aufweist, bislang jedoch noch nicht anhand einer klinischen Diagnostik validiert wurde. Das Ziel der vorliegenden Studie ist die Ermittlung aktueller Cut-off Werte anhand eines klinischen Interviews, das die aktuellen Diagnosekriterien für Internetnutzungsstörungen abbildet.


Methoden
Die CIUS wurde einer deutschsprachigen Stichprobe von n=1180 Teilnehmenden im Alter von 16-59 Jahren (w=63,0%) vorgelegt. Es wurden 378 telefonische Interviews mit dem klinischen Interview AICA-SKI:IBS (Strukturiertes Interview zu Internetbezogenen Störungen) durchgeführt. Die Interviews wurden mit Screening-Auffälligen (n=236) und einer Teilstichprobe Screening-Unauffälliger (n=142) von geschulten Interviewer:innen durchgeführt, die in Bezug auf das Screening-Ergebnis verblindet waren. Mittels ROC-Analysen wurden Cut-Off Werte für eine pathologische Internetnutzung, getrennt nach Geschlecht, bestimmt.


Ergebnisse
ROC-Analysen ergaben einen Cut-off Wert für die gesamte Stichprobe von 21 Punkten (Sensitivität: 88,4%; Spezifität: 14,6%) für eine pathologische Internetnutzung. Der Cut-off Wert lag bei Männern (Sensitivität: 82,8%; Spezifität: 10,0%) wie bei Frauen (Sensitivität: 91,2%; Spezifität: 17,3%) bei jeweils 21 Punkten. Die Prävalenz von Internetnutzungsstörungen lag in der Gesamtstichprobe bei 7,3% (Frauen: 7,7%; Männer: 6,7%). Der positive prädiktive Wert in der gesamten Stichprobe lag bei 32,2% (Frauen: 30,4%; Männer: 37,5%).


Diskussion und Schlussfolgerung
Der gefundene Cut-off Wert der CIUS von 21 Punkten bestätigt vorherige Studienergebnisse auf Basis anderer Validierungsmaße. Aufgrund der hohen Falsch-Positiv-Rate in der Gruppe der Screening-Auffälligen ist jedoch die Aussagekraft des Screening-Ergebnis für die klinische Praxis eingeschränkt. Daher sollten Kliniker:innen bei einem positiven Screening-Ergebnis eine ausführliche Diagnostik durchführen, um einer möglichen Überpathologisierung vorzubeugen.


Offenlegung von Interessenskonflikten sowie Förderungen
Ich und die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, die die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten.


Erklärung zur Finanzierung: BMG

Artikel-Details

Zitationsvorschlag

Jörren, H., Hohls, L., Brandt, D. ., Bischof, G., & Rumpf, H.-J. (2023). Validierung der Compulsive Internet Use Scale anhand eines klinischen Interviews. Deutscher Suchtkongress, 1(1). https://doi.org/10.18416/DSK.2023.1044