Deutscher Suchtkongress
Bd. 1 Nr. 1 (2023): Deutscher Suchtkongress
https://doi.org/10.18416/DSK.2023.1031

Update Verhaltenssüchte (S45)

Glücksspielbezogene Einstellungen und Überzeugungen bei Personen in der ambulanten Suchthilfe: Dimensionale Strukturen und längsschnittliche Zusammenhänge

Hauptsächlicher Artikelinhalt

Andreas Bickl (IFT Institut für Therapieforschung, München), Johanna Loy (IFT Institut für Therapieforschung, München), Ludwig Kraus (IFT Institut für Therapieforschung, München), Larissa Schwarzkopf (IFT Institut für Therapieforschung, München)

Abstract

Hintergrund und Fragestellung
Personen mit einer Störung durch Glücksspielen besitzen kognitive Verzerrungen und dysfunktionale Überzeugungen über das Glücksspiel, die annahmegemäß dazu beitragen problematisches Glücksspielverhalten zu verfestigen. Im Kontext des ambulanten Therapiesettings fehlen längsschnittliche Studien wie derartige Einstellungen und Überzeugungen mit dem Verlauf einer Störung durch Glücksspielen zusammenhängen. Unklar ist auch ob bestimmte (Kombinationen aus) Einstellungen hier eine größere Rolle spielen als andere.


Methoden
Wir haben Zusammenhänge zwischen Einstellungen und dem Schweregrad einer Störung durch Glücksspielen – operationalisiert über die Anzahl erfüllter DSM-5-Kriterien – in einer einarmigen Kohortenstudie aus 109 Personen, die durch die ambulante Glücksspielhilfe betreut wurden, über 3 Jahre hinweg analysiert. Glücksspielbezogenen Einstellungen und Überzeugungen wurden anhand des Gambling Attitudes and Beliefs Survey (GABS-15) erhoben. Anschließend wurde 1) in verschiedenen zweistufigen Messmodellen mittels konfirmatorischer Faktorenanalyse die Dimensionalitätsstruktur des GABS-15 untersucht und 2) der longitudinale Einfluss der gefundenen Faktoren auf den Schweregrad der Störung durch Glücksspielen ermittelt.


Ergebnisse
Mehrstufige konfirmatorische Faktorenanalysen ergaben, dass die ursprüngliche Ein-Faktor-Struktur des GABS-15 im Vergleich zu den vorgeschlagenen Modellen die Daten nur bedingt abbildete. Insgesamt wurden drei Faktoren erkennbar: Ruhe im Spiel, Nervenkitzel und "Spielerfehlschluss". In der nachgelagerten Regressionsanalyse ergab sich nur für den Faktor "Spielerfehlschluss" (1.34, p<0.00) ein signifikanter Zusammenhang mit dem Schweregrad der Störung durch Glücksspielen. Zugleich war die Erklärungskraft des Modells höher, wenn statt dem GABS-Summenscore die von uns identifizierten Faktoren als Kovariablen genutzt wurden.


Diskussion und Schlussfolgerung
Für die ambulante Glücksspielhilfe scheint eine eindimensionale Konzeptualisierung glücksspielbezogener Einstellungen und Überzeugungen nur von begrenztem Nutzen zu sein, wenn Zusammenhänge mit dem Schweregrad einer Störung durch Glücksspielen adressiert werden sollen. Ein multifaktorieller Ansatz erlaubt es besser, bestimmte Einstellungen von hoher Bedeutung gezielt zu adressieren. Hier hat sich der Faktor „Spielerfehlschluss“ als besonders relevant herauskristallisiert, so dass kognitiv-therapeutischen Ansätze in der Betreuung verstärkt an diesem Punkt ansetzen könnten, um hilfesuchende Glücksspieler effektiv zu unterstützen.


Offenlegung von Interessenskonflikten sowie Förderungen
Ich und die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, die die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten.


Erklärung zur Finanzierung: Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege/ Landesstelle Glücksspielsucht in Bayern (LSG). Der Freistaat Bayern ist im Rahmen des staatlichen Glücksspielmonopols Anbieter von Glücksspielen über die Staatliche Lotterieverwaltung (Lotterien, Sportwetten und Spielbanken) und übt gleichzeitig die oberste Aufsicht über öffentliche und private Glücksspiele aus.

Artikel-Details

Zitationsvorschlag

Bickl, A., Loy, J., Kraus, L. ., & Schwarzkopf, L. (2023). Glücksspielbezogene Einstellungen und Überzeugungen bei Personen in der ambulanten Suchthilfe: Dimensionale Strukturen und längsschnittliche Zusammenhänge . Deutscher Suchtkongress, 1(1). https://doi.org/10.18416/DSK.2023.1031