Deutscher Suchtkongress
Bd. 1 Nr. 1 (2023): Deutscher Suchtkongress
https://doi.org/10.18416/DSK.2023.1021

Drogentod und was wir dagegen tun könn(t)en (S43)

Drogentodesfälle 2022: Was wir wissen - und was nicht

Hauptsächlicher Artikelinhalt

Esther Neumeier (IFT Institut für Therapieforschung, München), Heiko Bergmann (IFT Institut für Therapieforschung, München)

Abstract

Hintergrund und Fragestellung
2022 wurden in Deutschland 1.990 Drogentodesfälle durch das Bundeskriminalamt registriert. Damit hat sich die Anzahl der Verstorbenen innerhalb von zehn Jahren mehr als verdoppelt. Obwohl die Gesamtzahlen seit langem existieren, wissen wir wenig Genaueres über die Verstorbenen. Erstmals liegen die Daten nun in einer Form vor, die tiefergehende Analysen und somit genauere Aussagen erlaubt. Diese können als Grundlage für die Gestaltung von Maßnahmen zur Drogentodprävention dienen. Der Beitrag untersucht für die im Jahr 2022 Verstorbenen, ob sich bezüglich der beteiligten Substanzen Unterschiede zwischen den Geschlechtern oder Altersgruppen zeigen. Zudem wirft er einen kritischen Blick auf Unterschiede zwischen Fällen, bei denen ein toxikologisches Gutachten vorliegt und solchen ohne Gutachten, um die Aussagekraft der Gesamtstatistik einzuordnen.


Methoden
Daten des Bundeskriminalamtes aus dem Jahr 2022 wurden bereinigt und einer deskriptiven wie inferenzstatistischen Analyse für Gruppenunterschiede unterzogen.


Ergebnisse
Während sich insgesamt kaum Geschlechtsunterschiede zeigen, ergeben sich Altersunterschiede bei den beteiligten Substanzen. Die Gesamtgruppe Opioide ist die häufigste Substanzklasse. Bei den jüngeren Altersklassen werden opioidhaltige Medikamente häufiger aufgefunden, bei den älteren Heroin/Morphin sowie Methadon. Kokain/Crack wird am häufigsten unter den 21-29-Jährigen festgestellt. Insgesamt sind bei den jüngeren Verstorbenen mehr Stimulanzien und mehr psychoaktive Medikamente zu verzeichnen als bei den älteren. Im Vergleich der Fälle mit toxikologischem Gutachten und solchen ohne zeigt sich eine höhere durchschnittliche Anzahl an registrierten Substanzen bei vorliegendem Gutachten und eine häufigere Registrierung von u.a. psychoaktiven Medikamente, opioidhaltigen Medikamenten und Kokain/Crack.


Diskussion und Schlussfolgerung
Die Datenlage unterliegt erheblichen Einschränkungen. Dennoch zeigen sich altersspezifische Unterschiede, die in Überlegungen zur Verhinderung des Drogentods einfließen sollten. Der Vergleich von Fällen mit und Fällen ohne toxikologisches Gutachten weist daraufhin, dass die Anzahl an multivalenten Vergiftungen und die Beteiligung von u. a. psychoaktiven Medikamenten wahrscheinlich unterschätzt wird.


Offenlegung von Interessenskonflikten sowie Förderungen
Ich und die Koautorinnen und Koautoren erklären, dass während der letzten 3 Jahre keine wirtschaftlichen Vorteile oder persönlichen Verbindungen bestanden, die die Arbeit zum eingereichten Abstract beeinflusst haben könnten.


Erklärung zur Finanzierung: BMG

Artikel-Details

Zitationsvorschlag

Neumeier, E., & Bergmann, H. (2023). Drogentodesfälle 2022: Was wir wissen - und was nicht. Deutscher Suchtkongress, 1(1). https://doi.org/10.18416/DSK.2023.1021